Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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dem Geiste des deutschen Rechts entspricht und GIERKE sagt 
ausdrücklich®: „Nach der ratio legis rechtfertigt sich eine aus- 
dehnende Auslegung. Es muß jedes Recht genügen, das die Be- 
fugnis gewährt, ein derartiges Bauwerk auf dem Grundstück zu 
haben. Daher bedürfen auch z. B. Unternehmer einer Straßen- 
bahn keines dinglichen Rechts an der Öffentlichen Straße, um 
Eigentümer der Schienenanlage zu bleiben.“ Die Stelle ist für 
GIERKEs Ansicht allerdings insofern nicht zwingend beweisend, 
als er sich vermutlich zur Straßenbahnkonzession ein im Zustim- 
mungsvertrag begründetes Mietrecht hinzudenkt®”. 
Ob die Praxis diese ausdehnende Interpretation des Begriffs 
eines Rechtes an einem fremden Grundstück anerkennen würde, 
ist zweifelhaft. 
Y. Falls somit die entscheidende Instanz im Gegensatz zur 
Auslegung @ einen dauernden Zweck der Röhrenlegung anneh- 
men°® und, im Gegensatz zur Auslegung ß, die Ausnahme des $& 95 
Abs. 1 Satz 2 nur auf dingliche Privatrechte, oder zwar auch 
sonstige Privatrechte, aber eben nur Privatrechte, nicht auch 
öffentliche Rechte beziehen würde, hätte sie nicht den $ 95, son- 
dern die $$ 93—94 anzuwenden und der Gasgesellschaft das Eigen- 
tum am Rohrnetze abzusprechen, indem sie den Art. 12 des Ver- 
trags als nichtig behandelt”. — 
86 Sachenrecht S. 47 i. N. 38. 
# Ausdrücklich lehrt O0. Mayer II2 S. 192 N. 22 die Selbständigkeit 
der auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Konzession einem fremden Grund- 
stück fest eingefügten Sachen, indes mit einer Begründung, die mit seiner 
Theorie der Exemtion der öff. Sachen vom Eigentum des bürgerlichen Rechts 
steht und fällt. Vgl. S. 184 N. 8. 
®® Gerade „Röhrenleitungen* werden häufig als Beispiel für dauernde 
Anlagen angeführt; z. B, FiSCHER-HenLe, Handausgabe d. BGB. N. 3 zu 
S 94, GIERKE a. a. OÖ. — Vgl. auch BIERMANN in Jherings Jahrb. 34 (1895) 
S. 275. 
® Die Gasröhren wären dann aufzufassen als Zubehörstücke des Fabrik- 
grundstücks, „welche nicht in das Eigentum des Eigentümers des Grund- 
stücks gelangt sind“, vgl. BGB. $ 1120 — und deshalb von einer Verpfän- 
dung des Fabrikgrundstücks nicht ergriffen werden.
	        
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