Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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fassungsausschusses fortführen und als Ergänzung der Verfassung 
(Satz 3 des Art. 17) die Bestimmung verlangen, daß der Reichs- 
kanzler auch für die übrigen Regierungshandlungen gegenüber 
dem Bundesrat die Verantwortlichkeit zu übernehmen hat‘. 
Wird in dieser Weise die Verantwortung des Reichskanzlers 
gegenüber dem Bundesrat ausgebaut, so wird man füglich gegen 
die Aufhebung des Art. 9? RV., was den Reichskanzler anbetrifft, 
nichts einwenden können, denn der Stärkung der Stellung des 
Reichstags gegenüber einem parlamentarischen Reichskanzler hält 
die Stärkung des Bundesrats durch Erweiterung der Verantwor- 
tung des Reichskanzlers ihm gegenüber die Wage. Aufhebung 
des Art, 9? in Verbindung mit der vollen Ausgestaltung der 
Verantwortlichkeit des Reichskanzlers gegenüber dem Bundesrat 
stellt somit den Weg dar für die Parlamentarisierung der Stellung 
des Reichskanzlers. 
1. 
Im Gegensatz zum Reichskanzler fußt die Stellung der Reichs- 
staatssekretäre, der Vorstände der einzelnen Reichsämter, zum 
Bundesrat auf keiner Verfassungsbestimmung. Die Reichsver- 
fassung kennt nur den Reichskanzler als den einzigen Reichs- 
minister. Die Staatssekretäre, die Produkte späterer Entwicklung 
sind, haben in ihr noch keinen Platz gefunden und brauchen da- 
her auch kraft Verfassungsrechts nicht Mitglieder des Bundes- 
rats zu sein. Bei dem riesenhaften Anwachsen der Reichsge- 
schäfte und der immer größer werdenden Verselbständigung der 
einzelnen Verwaltungsämter des Reichs glaubte man aber den 
Staatssekretären auch Einfluß auf den Bundesrat gewähren zu 
müssen und tat dies in der Weise, daß man sie zu preußischen 
Bundesratsbevollmächtigten ernannte, obwohl sie keine preußischen, 
sondern Reichsbeamte sind. Dieser konstant geübte Brauch — 
€ Auch gegenüber dem Reichstag, letzteres steht aber im Rahmen 
unseres Aufsatzes nicht zur Erörterung.
	        
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