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fassungsausschusses fortführen und als Ergänzung der Verfassung
(Satz 3 des Art. 17) die Bestimmung verlangen, daß der Reichs-
kanzler auch für die übrigen Regierungshandlungen gegenüber
dem Bundesrat die Verantwortlichkeit zu übernehmen hat‘.
Wird in dieser Weise die Verantwortung des Reichskanzlers
gegenüber dem Bundesrat ausgebaut, so wird man füglich gegen
die Aufhebung des Art. 9? RV., was den Reichskanzler anbetrifft,
nichts einwenden können, denn der Stärkung der Stellung des
Reichstags gegenüber einem parlamentarischen Reichskanzler hält
die Stärkung des Bundesrats durch Erweiterung der Verantwor-
tung des Reichskanzlers ihm gegenüber die Wage. Aufhebung
des Art, 9? in Verbindung mit der vollen Ausgestaltung der
Verantwortlichkeit des Reichskanzlers gegenüber dem Bundesrat
stellt somit den Weg dar für die Parlamentarisierung der Stellung
des Reichskanzlers.
1.
Im Gegensatz zum Reichskanzler fußt die Stellung der Reichs-
staatssekretäre, der Vorstände der einzelnen Reichsämter, zum
Bundesrat auf keiner Verfassungsbestimmung. Die Reichsver-
fassung kennt nur den Reichskanzler als den einzigen Reichs-
minister. Die Staatssekretäre, die Produkte späterer Entwicklung
sind, haben in ihr noch keinen Platz gefunden und brauchen da-
her auch kraft Verfassungsrechts nicht Mitglieder des Bundes-
rats zu sein. Bei dem riesenhaften Anwachsen der Reichsge-
schäfte und der immer größer werdenden Verselbständigung der
einzelnen Verwaltungsämter des Reichs glaubte man aber den
Staatssekretären auch Einfluß auf den Bundesrat gewähren zu
müssen und tat dies in der Weise, daß man sie zu preußischen
Bundesratsbevollmächtigten ernannte, obwohl sie keine preußischen,
sondern Reichsbeamte sind. Dieser konstant geübte Brauch —
€ Auch gegenüber dem Reichstag, letzteres steht aber im Rahmen
unseres Aufsatzes nicht zur Erörterung.