Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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‚ordnete wären und bei Aufhebung des Art. 9? in den Bundesrat 
trotzdem hineinkämen, der Bundesrat parlamentarisiert und in eine 
Art Oberhaus verwandelt werden!‘, das zudem dem Reichstag 
nicht unabhängig gegenüberstünde, sondern sogar von ihm durch 
die Parteiführer, die als Staatssekretär im Bundesrate säßen, be- 
einflußt und kontrolliert würde. Es liegt auf der Hand, daß die 
Bedeutung und Macht des Bundesrats dadurch herabgedrückt, der 
Einfluß der Einzelstaaten auf die Führung der Reichsgeschäfte 
damit gemindert würde. Auf ihre Kosten, auf Kosten der föde- 
ralistischen Natur des Reiches erfolgte dann die Parlamentarisie- 
rung. Eine gesunde Politik aber muß gerade dalıın gehen, bei 
‚einer Parlamentarisierung des Reichs den Föderalismus, den Ein- 
fluß der außerpreußischen Staaten auf die Reichspolitik zu stär- 
ken!!). Aus allen diesen Gründen ist die Aufhebung des Art. 9? 
für die Staatssekretäre und den Vizekanzler im Gegensatz zum 
Reichskanzler ahzulelnen. 
Wie aber läßt sich dann das parlamentarische System für 
Vizekanzler und Staatssekretäre verwirklichen ? Dadurch daß man 
den anderen möglichen Weg geht und die Staatssekretäre und den 
Vizekanzler aus den Parteiführern des Reichstages entnimmt, sie 
aber nicht zu preußischen Bundesratsbevollmächtigten ernennt. 
So würde endlich mit der bisherigen verfassungswidrigen Stellung 
der Staatssekretäre als preußischer Bundesratsbevollmächtigte auf- 
geräumt, die unnatürliche Hegemonie Preußens auf ihr in der 
Verfassung vorgesehenes, normales Maß zurückgeführt und die 
Trennung zwischen Reichs- und preußischen Behörden wieder- 
hergestellt werden. Es wird zweckmäßig sein, unsere Forderung 
durch Aufnahme einer Bestimmung in die Verfassung (als Abs. III 
des Art. 6 etwa) zu verwirklichen dabin lautend, daß Vizekanzler 
und Reichsstaatssekretäre nicht zu Bundesratsmitgliedern ernannt 
1° So mit Recht PıLory, Das parl. System 8. 62. 
ıı Dies betont richtig Max WEBER in seiner Schrift „Parlament und 
Regierung im neugeordneten Deutschland“ 8. 150.
	        
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