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‚ordnete wären und bei Aufhebung des Art. 9? in den Bundesrat
trotzdem hineinkämen, der Bundesrat parlamentarisiert und in eine
Art Oberhaus verwandelt werden!‘, das zudem dem Reichstag
nicht unabhängig gegenüberstünde, sondern sogar von ihm durch
die Parteiführer, die als Staatssekretär im Bundesrate säßen, be-
einflußt und kontrolliert würde. Es liegt auf der Hand, daß die
Bedeutung und Macht des Bundesrats dadurch herabgedrückt, der
Einfluß der Einzelstaaten auf die Führung der Reichsgeschäfte
damit gemindert würde. Auf ihre Kosten, auf Kosten der föde-
ralistischen Natur des Reiches erfolgte dann die Parlamentarisie-
rung. Eine gesunde Politik aber muß gerade dalıın gehen, bei
‚einer Parlamentarisierung des Reichs den Föderalismus, den Ein-
fluß der außerpreußischen Staaten auf die Reichspolitik zu stär-
ken!!). Aus allen diesen Gründen ist die Aufhebung des Art. 9?
für die Staatssekretäre und den Vizekanzler im Gegensatz zum
Reichskanzler ahzulelnen.
Wie aber läßt sich dann das parlamentarische System für
Vizekanzler und Staatssekretäre verwirklichen ? Dadurch daß man
den anderen möglichen Weg geht und die Staatssekretäre und den
Vizekanzler aus den Parteiführern des Reichstages entnimmt, sie
aber nicht zu preußischen Bundesratsbevollmächtigten ernennt.
So würde endlich mit der bisherigen verfassungswidrigen Stellung
der Staatssekretäre als preußischer Bundesratsbevollmächtigte auf-
geräumt, die unnatürliche Hegemonie Preußens auf ihr in der
Verfassung vorgesehenes, normales Maß zurückgeführt und die
Trennung zwischen Reichs- und preußischen Behörden wieder-
hergestellt werden. Es wird zweckmäßig sein, unsere Forderung
durch Aufnahme einer Bestimmung in die Verfassung (als Abs. III
des Art. 6 etwa) zu verwirklichen dabin lautend, daß Vizekanzler
und Reichsstaatssekretäre nicht zu Bundesratsmitgliedern ernannt
1° So mit Recht PıLory, Das parl. System 8. 62.
ıı Dies betont richtig Max WEBER in seiner Schrift „Parlament und
Regierung im neugeordneten Deutschland“ 8. 150.