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gebotene Handlungen der Verteidigung und der Selbstachtung stehen für
Deutschland in Frage. Im einzelnen untersucht hierauf Verf. die Gründe,
auf die die Mehrheit des Reichstages ihren Verständigungsfrieden (Beschluß
vom 19. Juli 1917) stützte. Jedenfalls ein bemerkenswerter Versuch, den
Maßstab völkerrechtlicher Grundsätze an den Verständigungsfrieden anzu-
legen; freilich ist nicht alles völkerrechtliche Norm, was Verf. dafür hält,
und es ist nicht unbedenklich, vermeintliches Völkerrecht rein politischen
Forderungen dienstbar machen zu wollen.
Cöln. Professor Dr. Stier-Somlo.
Fehr, Dr. Hans, Professor in Halle (jetzt Heidelberg), Die Staatsauf-
fassung Eikes von Repgau (Sonderabdruck aus der Zeit-
schrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, XXXVII. Band.
Germanistische Abteilung). 1916, Weimar. Druck der Hofbuch-
druckerei. 130 S.
Mit einer seltenen Kunst stilistischer Meisterschaft ist hier die Auf-
gabe gelöst, in dem literarischen Lebenswerk des größten deutschen Juristen
des Mittelalters die Elemente seiner Staatsauffassung aufzuzeigen und, zu
einem geschlossenen Bilde gestaltet, unserer wesentlich anders bestimmten
Zeit nahe zu bringen. Es gelingt dies Verf. besonders gut mit Hilfe seines
klaren und durchsichtigen Systems, das die Gliederung nach leitenden Ge-
danken vornimmt, die in ihrer begrifllichen Zuspitzung unserem Denken
entgegenkommen, wie sie dem des Spieglers ferngelegen haben dürften:
Quellen, Zweck, Gebiet des Staates, Staatsgewalt, Einheit des Staates, Volk
im Staate, Verbände. Zum erstenmal wird wissenschaftlich klargelegt, daß
für Eike von R. der Staat seinem Begriffe nach als von Gott eingesetzt
gilt, daß er aber geschichtlich betrachtet auf der Kraft der Veberwindung
ruht; daß der Spiegler historisch auf dem Boden der Machttheorie steht,
diese aber nicht zu Ende denkt. Die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung
ist ihm Staatszweck; von der Sehnsucht nach dem Frieden erfüllt, will er
ihn durch eine Reihe von Mitteln erreichen: durch Aufrichtung besonderer
Frieden, Beschränkung der Selbsthilfe, sichere und rasche Rechtspflege,
Ausdehnung der öffentlichen Strafe, Anerkennung des Widerstandsrechts.
Nach der ursprünglichen Auffassung Eikes erhebt der Staat religiöse Zwecke
zu eigenen; die Rechtsordnung ist ihm nicht teils göttlich, teils mensch-
lich, vielmehr ist alles Recht gleich göttlich. Später hat er jedoch den
grundlegenden Satz, daß die geistliche Gewalt auf das geistliche Gebiet zu
beschränken sei, nicht mehr festgehalten. Die gewonnenen Ergebnisse über
die Unveräußerlichkeit und Unteilbarkeit des Staates und über dessen recht-
liche Natur sind für die Berichtigung bisheriger Auffassungen von Bedeu-
tung; nach landrechtlichen Normen ist der Staat kein Dominium des Königs,
der das Land nicht als Obereigentümer besitzt; nur im reinen Lehnsrecht
herrscht ein lehensrechtlicher Gesichtspunkt. Der große Jurist sieht bereits