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aber, der durch die geistige Ueberlegenheit und die Opferwilligkeit seines
Volkes einen „Rüstungsvorsprung“ besitzt, der allein ihn vor sofortiger Er-
drückung schützen mag, wäre dieser entzogen. Das hält der Verfasser
für etwas sehr Wünschenswertes (S. 192) und fügt deshalb noch zwei Ver-
besserungsvorschläge hinzu :
Einmal ein „Mediationsrecht der Neutralen* (S. 191 ff.)
d. h. jener Staaten, die „entschlossen sind, in diesem Falle sich keiner der
beiden streitenden Parteien anzuschließen“. — Dazu rechnet er insbe-
sondere die Vereinigten Staaten von Amerika mit dem etwas ver-
zwickten Vorbehalte, „wenn die Monroedoktrin auch als Erklärung der
Nichtintervention in europäische Angelegenheiten aufgefaßt werden kann“,
Aber was hilft uns jene „Entschlossenheit“, was diese „Doktrin“, wenn die
Vereinigten Staaten versteckt und offen Krieg mit uns führen? Der Ver-
fasser wußte wohl, wie es stand: daher jenes milde Bedenken. Und als
1917 das Buch herauskam zu einer Zeit, wo niemand mehr sich täuschen
konnte, da ließ er es in die Welt gehen, ohne das schöne Neutralitätszeug-
nis zurückzuenhmen. — Also diese Neutralen können von den Kriegs-
lustigen einen Aufschub des Beginnes der Feindseligkeiten verlangen, bis
die Sache untersucht ist, mit der Drohung, den Widerstrebenden als „Störer
des gemeinen Friedens zu behandeln“, demgemäß seinen Krieg als unge-
rechtfertigt zu erklären, ihn für allen Nachteil verantwortlich zu machen
und ihren Bürgern nur zu erlauben, dem Gegner Hilfe zu leisten, ihm nicht,
Das wäre ungefähr die falsche Neutralität, die wir schon kennen, aber
künftig etwas legalisiert.
Noch einen Schritt weiter würde der Gedanke geführt werden durch
die „stabile Organisation‘, wofür der Entwurf eines Kollektivvertrages im
Anhang gegeben wird (S. 204 ff.).. Darnach ist aus Bevollmächtigten der
Staaten ein Verständigungsrat, Vermittlungsrat, conseil de conci-
liation zu bilden (vielleicht wäre „Verzögerungsrat“ der richtige Name).
Aus diesem geht ein ständiges Komitee hervor von 12 Mitgliedern. Im
Einzelfall wird dann eine Begutachtungskommission von 5 Mitgliedern ge-
bildet durch Wahl der Streitenden oder durch Ernennung von seiten des
ständigen Komitees. Die für grundsätzlich neutral erachteten Mächte
— an deren Spitze wieder die Vereinigten Staaten — bestellen einen
Generalsekretär und zwei Sekretäre (Art. 12). Die Vertragsmächte ver-
pflichten sich, nicht früher als 30 Tage, nachdem ihnen das Gut-
achten des Verständigungsrates bekannt geworden ist, irgendwelche
Feindseligkeiten zu eröffnen (Art. 15). Die Dauer der vorausgehenden
Verhandlungen ist auf 6 Monate begrenzt (Art. 18); tut also im ganzen
7 Monate, nach deren Ablauf die Franzosen mit den inzwischen völlig
mobil gewordenen Russen gleichzeitig in Deutschland einrücken. Wenn ein
Vertragsstaat dieses Verfahren nicht einhält, ist er für alle anderen mit
den oben beschriebenen Wirkungen in Verruf erklärt (Art. 31). In gleicher