Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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aber, der durch die geistige Ueberlegenheit und die Opferwilligkeit seines 
Volkes einen „Rüstungsvorsprung“ besitzt, der allein ihn vor sofortiger Er- 
drückung schützen mag, wäre dieser entzogen. Das hält der Verfasser 
für etwas sehr Wünschenswertes (S. 192) und fügt deshalb noch zwei Ver- 
besserungsvorschläge hinzu : 
Einmal ein „Mediationsrecht der Neutralen* (S. 191 ff.) 
d. h. jener Staaten, die „entschlossen sind, in diesem Falle sich keiner der 
beiden streitenden Parteien anzuschließen“. — Dazu rechnet er insbe- 
sondere die Vereinigten Staaten von Amerika mit dem etwas ver- 
zwickten Vorbehalte, „wenn die Monroedoktrin auch als Erklärung der 
Nichtintervention in europäische Angelegenheiten aufgefaßt werden kann“, 
Aber was hilft uns jene „Entschlossenheit“, was diese „Doktrin“, wenn die 
Vereinigten Staaten versteckt und offen Krieg mit uns führen? Der Ver- 
fasser wußte wohl, wie es stand: daher jenes milde Bedenken. Und als 
1917 das Buch herauskam zu einer Zeit, wo niemand mehr sich täuschen 
konnte, da ließ er es in die Welt gehen, ohne das schöne Neutralitätszeug- 
nis zurückzuenhmen. — Also diese Neutralen können von den Kriegs- 
lustigen einen Aufschub des Beginnes der Feindseligkeiten verlangen, bis 
die Sache untersucht ist, mit der Drohung, den Widerstrebenden als „Störer 
des gemeinen Friedens zu behandeln“, demgemäß seinen Krieg als unge- 
rechtfertigt zu erklären, ihn für allen Nachteil verantwortlich zu machen 
und ihren Bürgern nur zu erlauben, dem Gegner Hilfe zu leisten, ihm nicht, 
Das wäre ungefähr die falsche Neutralität, die wir schon kennen, aber 
künftig etwas legalisiert. 
Noch einen Schritt weiter würde der Gedanke geführt werden durch 
die „stabile Organisation‘, wofür der Entwurf eines Kollektivvertrages im 
Anhang gegeben wird (S. 204 ff.).. Darnach ist aus Bevollmächtigten der 
Staaten ein Verständigungsrat, Vermittlungsrat, conseil de conci- 
liation zu bilden (vielleicht wäre „Verzögerungsrat“ der richtige Name). 
Aus diesem geht ein ständiges Komitee hervor von 12 Mitgliedern. Im 
Einzelfall wird dann eine Begutachtungskommission von 5 Mitgliedern ge- 
bildet durch Wahl der Streitenden oder durch Ernennung von seiten des 
ständigen Komitees. Die für grundsätzlich neutral erachteten Mächte 
— an deren Spitze wieder die Vereinigten Staaten — bestellen einen 
Generalsekretär und zwei Sekretäre (Art. 12). Die Vertragsmächte ver- 
pflichten sich, nicht früher als 30 Tage, nachdem ihnen das Gut- 
achten des Verständigungsrates bekannt geworden ist, irgendwelche 
Feindseligkeiten zu eröffnen (Art. 15). Die Dauer der vorausgehenden 
Verhandlungen ist auf 6 Monate begrenzt (Art. 18); tut also im ganzen 
7 Monate, nach deren Ablauf die Franzosen mit den inzwischen völlig 
mobil gewordenen Russen gleichzeitig in Deutschland einrücken. Wenn ein 
Vertragsstaat dieses Verfahren nicht einhält, ist er für alle anderen mit 
den oben beschriebenen Wirkungen in Verruf erklärt (Art. 31). In gleicher
	        
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