Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Lohnkämpfen der Zukunft keine geringe Rolle spielen. Es ist auch dem zuzustim- 
men, was in der Einleitung übeı Zweck und Nutzen der Erörterung solcher 
alten und zugleich immer neuen Streitfragen gesagt wird. Wahrheit und Klar- 
heit ist das Ziel jeder Wissenschaft, und solange noch Unklarheiten in einem 
Gesetzesparagraphen vorhanden sind, verdienen alle Aufhellungsbemühungen 
Anerkennung. Rechtswissenschaft, Rechtsprechung und Gesetzgebung werden 
stets ihren Vorteil daraus ziehen. 
Der extensiven Interpretation des Reichsgerichts gegenüber ist bekannt- 
lich die Wissenschaft auf eine restriktive gerichtet, und es sind entsprechende 
Vorschläge für das neue RStGB. gemacht. 
Auch der Verfasser formuliert den Tatbestand des $ 253 de lege ferenda 
am Schluß seiner Arbeit. Wir wollen den Wortlaut gleich hierher setzen, weil 
sich dadurch vielleicht der Standpunkt des Verfassers am leichtesten erkennen 
läßt. 
„I. Wer in der Absioht, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu 
verschaffen, auf den er keinen Rechtsanspruch hat, das Vermögen eines andern 
dadurch beschädigt, daß er ihn dureh Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, 
Duldung oder Unterlassung nötigt, wird wegen Erpressung mit Gefängnis 
bestraft. 
II. Eine Drohung im Sinne dieses Paragraphen liegt nicht vor, wenn 
1. das angedrohte Uebel erlaubt ist und in der Geltendmachung eines 
Rechts aus einem Rechtsverhältnis oder in bloßer Abkehr besteht, oder 
2. das angedrohte Uebel erlaubt ist und durch die Zufügung des Uebels 
ein Vermögensvorteil erreicht werden kann oder soll. Der Versuch ist strafbar.““ 
Dsn jetzigen „rechtswidrigen Vermögensvorteil‘‘ nimmt Verfasser im 
Sinne des commodum sine jure und erklärt die sprachliche Fassung des $ mit 
Zitelmann für einen gesetztechnischen Fehler. In der Tat darf der: Gesetzgeber 
nicht ein negatives Tatbestandsmerkmal durch ein Adjektiv zum Ausdruck 
bringen, welches im gewöhnlichen Sprachgebrauch den positiven Inhalt hat: 
von der Rechtsordnung gemißbilligt. Wer dem Gesetzgeber einen solchen 
Fohler nicht zutraute und „rechtswidrig‘‘ im Sinne von contra jus nahm, mußte 
in die größten Schwierigkeiten bei Ermittlung des Tatbestandes geraten. Mit 
Frank verneint der Verfasser einen absolut rechtswidrigen Vermögensvorteil; 
denn der an sich rechtlich irrelevante Vermögensvorteil werde erst durch die 
Mittel seiner Erlangung zum rechtswidrigen. Es ist auch richtig, daß man bei 
der Auslegung von dem Beginn der Erpressungshandlung ausgehen muß. „Der 
Täter tritt an den Vermögensvorteil heran, auf den er keinen Rechtsanspruch 
hat, nioht aber an einen ‚rechtswidrigen‘, d. h. an einen durch Drohung er- 
langten.‘‘ Hat der Täter umgekehrt einen Anspruch auf den Vermögensvorteil, 
so kann er durch Drohung keine Erpressung, sondern allenfalls eine Nötigung 
begehen. Hinsichtlich der Reichsgerichtsentscheidung 26, 353 schließt sich 
Verfasser der durchschlagenden Kritik BINDINGs im Lehrbuch an. Mit guten
	        
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