Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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Gründen wird die Lehre HAELSCHNERS und anderer abgelehnt, daß die Vermö- 
gensschädigung des Bedrohten den Vermögensvorteil des Drohenden zu einem 
rechtswidrigen mache; ‚‚denn das Recht mißbilligt es durchaus nicht, wenn 
jemand durch Klugheit und Geschicklichkeit einen Vorteil erlangt, der nur 
durch Vermögensbeschädigung eines andern möglich ist. Darauf beruht der freie 
Wettbewerb unseres gesamten wirtschaftlichen Lebens‘. 
Die Zuflucht, die manche Schriftsteller zum BGB., namentlich zu $ 123 
nehmen, erklärt Verfasser schon aus zeitlichen Erwägungen für unzulässig, 
zugleicht macht er darauf aufmerksam, daß sich $ 123 BGB. nach den Motiven 
an $ 253 RStGB. anlehnt. Ein solches wechselseitiges Beziehen kann freilich 
nicht zum Ziele führen. 
Wie wir bereits wissen, nimmt der Verfasser de lege ferenda die Vermö- 
gensbeschädigung in den Tatbestand auf und er darf sich aus dieser Angleichung 
an den Betrugsparagraphen eine Verbesserung der Rechtsprechung verspre- 
chen. Viele Handlungen, die jetzt als vollendete Erpressung bestraft werden 
müssen, wären nach der Aenderung als Versuch zu ahnden, was freilich zu 
manchen unverdienten Milderungen, aber auch zur Beseitigung vieler Härten 
führen würde. 
Wenn Verfasser auch die an den Entwürfen geübte Kritik für zu weit- 
gehend erklärt, so ist er doch zugleich überzeugt, daß nicht in der Vermögens- 
schädigung und der Rechtswidrigkeit der Schwerpunkt des Erpressungsprob- 
lems liegt, sondern in den Nötigungsmitteln, und daß nur durch die Einengung 
des Drohungsbegriffes der $ 253 für die Rechtsprechung brauchkar gemacht 
werden kann. Sein ganzer Scharfsinn konzentriert sich daher seinem Thema 
gemäß von Kap. IV an auf das Wesen der Drohung. Er glaubt die letzten 
Folgerungen aus der Lehre FRANKSs zu ziehen, wenn er die Zulässigkeit und Un- 
zulässigkeit der Drohung von dem Stärkeverhältnis abhängig macht, in wel- 
chem das zugefügte und das nur angedrohte Uebel den Willen beeinflussen. 
Nur wenn die Zufügung die EntschließBung weniger bestimme als die Androhung 
des Uebels, liege eine abnorme Freiheitsbeschränkung und damit Drohung im 
Sinne des $ 253 vor, der vor allem das Bechtsgut der normalen freien Willens- 
entschließBung schützen will. Die Zufügung eines Uebels geschieht in der 
Regel auf Grund eines Rechtsverhältnisses im weitesten Sinne, sie kann aber 
auch ohne jedes Rechtsverhältnis unter den beteiligten Personen stattfinden. 
Der rechtsverhältnisgemäßen Uebelzufügung wird die Abkehr zugesellt, 
-d. h. die Lösung der Geschäftsverbindung mit einer nicht mehr zusagenden 
Partei. KRÜCKMANN hat die Abkehr treffend ein „Haupt- und Grundrecht“ 
im rechtsgeschäftlichen Verkehr genannt, und der Verfasser gründet darauf 
das Recht zur Androhung des Boykotts. 
So kommt der Verfasser zu folgenden Leitsätzen: 
„I. Die Androhung eines Uebels, dessen Zufügung rechtswidrig oder durch 
ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien verboten ist, ist unerlaubt.
	        
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