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Gründen wird die Lehre HAELSCHNERS und anderer abgelehnt, daß die Vermö-
gensschädigung des Bedrohten den Vermögensvorteil des Drohenden zu einem
rechtswidrigen mache; ‚‚denn das Recht mißbilligt es durchaus nicht, wenn
jemand durch Klugheit und Geschicklichkeit einen Vorteil erlangt, der nur
durch Vermögensbeschädigung eines andern möglich ist. Darauf beruht der freie
Wettbewerb unseres gesamten wirtschaftlichen Lebens‘.
Die Zuflucht, die manche Schriftsteller zum BGB., namentlich zu $ 123
nehmen, erklärt Verfasser schon aus zeitlichen Erwägungen für unzulässig,
zugleicht macht er darauf aufmerksam, daß sich $ 123 BGB. nach den Motiven
an $ 253 RStGB. anlehnt. Ein solches wechselseitiges Beziehen kann freilich
nicht zum Ziele führen.
Wie wir bereits wissen, nimmt der Verfasser de lege ferenda die Vermö-
gensbeschädigung in den Tatbestand auf und er darf sich aus dieser Angleichung
an den Betrugsparagraphen eine Verbesserung der Rechtsprechung verspre-
chen. Viele Handlungen, die jetzt als vollendete Erpressung bestraft werden
müssen, wären nach der Aenderung als Versuch zu ahnden, was freilich zu
manchen unverdienten Milderungen, aber auch zur Beseitigung vieler Härten
führen würde.
Wenn Verfasser auch die an den Entwürfen geübte Kritik für zu weit-
gehend erklärt, so ist er doch zugleich überzeugt, daß nicht in der Vermögens-
schädigung und der Rechtswidrigkeit der Schwerpunkt des Erpressungsprob-
lems liegt, sondern in den Nötigungsmitteln, und daß nur durch die Einengung
des Drohungsbegriffes der $ 253 für die Rechtsprechung brauchkar gemacht
werden kann. Sein ganzer Scharfsinn konzentriert sich daher seinem Thema
gemäß von Kap. IV an auf das Wesen der Drohung. Er glaubt die letzten
Folgerungen aus der Lehre FRANKSs zu ziehen, wenn er die Zulässigkeit und Un-
zulässigkeit der Drohung von dem Stärkeverhältnis abhängig macht, in wel-
chem das zugefügte und das nur angedrohte Uebel den Willen beeinflussen.
Nur wenn die Zufügung die EntschließBung weniger bestimme als die Androhung
des Uebels, liege eine abnorme Freiheitsbeschränkung und damit Drohung im
Sinne des $ 253 vor, der vor allem das Bechtsgut der normalen freien Willens-
entschließBung schützen will. Die Zufügung eines Uebels geschieht in der
Regel auf Grund eines Rechtsverhältnisses im weitesten Sinne, sie kann aber
auch ohne jedes Rechtsverhältnis unter den beteiligten Personen stattfinden.
Der rechtsverhältnisgemäßen Uebelzufügung wird die Abkehr zugesellt,
-d. h. die Lösung der Geschäftsverbindung mit einer nicht mehr zusagenden
Partei. KRÜCKMANN hat die Abkehr treffend ein „Haupt- und Grundrecht“
im rechtsgeschäftlichen Verkehr genannt, und der Verfasser gründet darauf
das Recht zur Androhung des Boykotts.
So kommt der Verfasser zu folgenden Leitsätzen:
„I. Die Androhung eines Uebels, dessen Zufügung rechtswidrig oder durch
ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien verboten ist, ist unerlaubt.