— 45 —
fasset nachträglich auch noch auf diesen Punkt (8. 88ff.) und erklärt: die
„Zollabfertigung mit Zollentrichtung der Partei‘ habe es mit ‚‚einem oft recht
komplizierten Tatbestand zu tun, mit einer Fülle von Rechtsfragen‘ ; die Zoll-
ämtersejen auch richtige Behörden (obgleich man nur den Zollassistenten
oder Zollpraktikanten sieht, der den erlösenden Kreidestrich auf den Koffer
macht); es handle sich jedesmal um „Aussprüche mit bindender
Kraft“. „Rechtskräftig wird der Ausspruch mit der verfügten
Entlassung des Gutes aus der Gewalt des Amtes.“
Was er da schildern will, ist natürlich ein Urteil wie es leibt und lebt.
Ich bin allerdings der Meinung gewesen, daß das alles nicht ausreicht oder
nicht zutrifft; deshalb richten sich denn auch diese Ausführungen ausdrücklich
gegen mich.
Der zweite Hauptpunkt betrifft das ‚Problem des materiellen Zollrechts‘',
die Zollschuld und ihre Entstehung (8. 16f£f.; S. 52ff.). Hier wird die
bisherige Auffassung bekämpft, welche ‚‚von den Grundsätzen des Fiskalismus
beherrscht‘, die fraglichen Rechtsverhältnisse ‚„‚noch im Geiste eines gemein-
reohtliohen Obligationsbegriffes, eines privatrechtlichen Schuldbegriffes be-
handelt.“ Sie knüpft die Entstehung der Schuld einheitlich nur an „den me-
chanischen Uebergang einer Sache über die Zollgrenze“. Nun aber hat der Zoll
im modernen Recht ‚‚nicht mehr in erster Linie den Zweck, der Staatskasse
Einnahmen zu verschaffen, sondern zu seiner Hauptaufgabe ist es nun geworden,
der Staatsgewalt als Werkzeug für die zielbewußte Beeinflussung der
Preisbildung auf dem Inlandsmarkte zu dienen. Darum stimmt es jetzt
nicht mehr. Die Zollschuld wird keineswegs mit jedem Ueberschreiten der Gren-
ze durch die Sache begründet und fällig; das knüpft sich vielmehr in mancherlei
Weise an spätere Vorgänge, wie sie in den Instituten des Begleitscheins, der
zollfreien Niederlage usw. näher geregelt sind. Der Schwerpunkt liegt also jetzt
bei einem andern Begriff, der die Entscheidung bringt über die entstehende
Schuld. Das ist der wirtschaftliche Begriff des „Eintrittes in
den freien Verkehr‘. Der Verfasser möchte ihn bezeichnen mit dem Ausdruck
„Nationalisierung‘ und dem entspäche dann die „Denationali-.
sierung“, weiles immer sich handle um den ‚„‚Wechsel des nationalen Cha-
rakters der Zollsache‘ (S. 57, 66, 89).
Möglicherweise würde das in der Tat zu einem bedeutsamen Umschwung
in unseren Zollreohtsordnungen führen. Ob es auch zweckmäßig sich erweisen
würde, ist die Frage. Einstweilen steht der Verfasser, wie er selbst bemerkt,
mit seiner Auffassung noch allein (S. 95). Er macht aber seinerseits geltend,
„daß es der Verwaltungsrechtswissenschaft bis heute nicht gelungen ist, eine
widerspruchslose und allgemein anerkannte Theorie des Zollrechts aufzustellen.‘‘
Ob sie das je zustande bringt ? 0. M.