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bei ARISTOTELES (S. 204-250) tritt der Staat, weil die Menschen erkennen,
daß sie ohne ihn nicht imstande sind, die durch die Vernunft geforderte Gesetz-
mäßigkeit zu erreichen, in Tätigkeit und zwar teils als Erzieher teils zu staat-
lichen Zwecken, wobei ARISTOTELES der Schöpfer der strafrechtlichen Zu-
rechnungslehre wurde.
Ein abschließendes Urteil läßt sich über das Werk noch nicht fällen; der
bis jetzt erschienene Teil gelangt auf dem schwierigen Grenzgebiete zwischen
Rechtslehre, Philosophie, Geschichte und Philologie zu einleuchtenden Ergeb-
nissen.
OLGR. Silberschmidt, Müncher.
Stephan Kekule v. Stradonitz, Das Ebenbürtigkeitsrecht des
Herzoglichen Hauses Croy. Berlin 1916. Carl Heymann.
(42 8.).
Ein Ebenbürtigkeitsprozeß im Hause Croy hat den durch seine verdienst-
vollen Arbeiten auf dem Gebiete des Fürstenrechts bekannten Rechtsgelehrten
Dr. STEPHAN KEKUL£ v. STRADONITZ veranlaßt; den diesbezüglichen Rechts-
zustand des Geschlechtes einer Untersuchung zu unterziehen, deren Resultate
in dieser Schrift niedergelegt sind.
Das Haus Croy nimmt da eine besondere Stellung unter dem deutschen
Hochadel ein. Einmal wegen seiner Herkunft. Es stammt aus Frankreich,
wo der namengebende Ort Crouy im Departement der Somme liegt. Später
erwarb es Besitz in deutschen Landen französischer Sprache, vor allem in Bel-
gien, also im burgundischen Kreise des alten deutschen Reichs. Vier Reichs-
fürstendiplome kamen ins Haus. Die Linien aber, die sie erhielten, sind alle er-
loschen. Eine von diesen hatte auch reichsunmittelbaren Besitz erhalten,
nämlich die Herrschaft Finstingen. Der heute in Westfalen blühende
Zweig, der 1677 ein spanisches Fürstendiplom und 1768 den französischen
Herzogstitel, aber keine deutsche Standeserhöhung erhielt, erlangte erst 1803
als Entschädigung für seine auf dem linken Rheinufer verlorenen Herrschaften
die Landeshoheit über Dülmen. Ehe er indessen auf Grund hiervon um die
Verleihung der Reichsstandschaft nachgesucht hatte, wurde er mediatisiert,
indem Dülmen 1806 der Landeshoheit von Arenberg unterstellt und 1810 dem
französischen Kaiserreich einverleibt wurde. So haben die Croy, obschon die
Unterlagen dazu seit 1803 vorhanden waren, niemals die Reichsstandschaft
erlangt.
Sie gehören demnach wohl zu den 1806 reichsunmittelbaren Häusern,
nicht aber zu denen, die damals reichsständisch waren. Nur diesen letztern aber
ist die Ebenbürtigkeit mit den souveränen Häusern zugestanden worden. Und
zwar sollten sie sie dadurch erhalten, daß sie von den Staaten, denen ihre Be-
sitzungen einverleibt worden waren, bei der Bundesversammlung angemeldet
wurden. In der Folge hat Preußen auch das Haus Oroy angemeldet,: und es