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wurde vom Deutschen Bundestag angenommen, obschon die Vorbedingungen
dazu nur unvollständig vorhanden waren.
Aus diesem Sachverhalt folgert KEKULE mit Recht, daß das Haus Croy
nicht zu den ehemals reichsständischen, sondern, wie das Bürgerliche Gesetz-
buch sich ausdrückt, zu den diesen gleichgestellten Häusern gehört.
Wie steht es mit dem Eherecht dieses Hauses? Wie bei allen diesen
Familien regelt es sich, und speziell die Frage der Ebenbürtigkeit, nach seinen
Hausgesetzen und seinem Herkommen. Bei der Untersuchung dieser Quellen
fand KEKULE, daß, wo in den Hausgesetzen der Croy von der Ehe die Rede
ist, für die Familienzugehörigkeit nur die Abstammung aus legitimer Ehe ver-
langt wird. Hieraus folgert er, daß den Croy selbst die Ehe mit bürgerlichen
Damen gestattet sei. Was das Herkommen betrifft, so lieferte seine Unter-
suchung der Ehepraxis des Hauses den Nachweis, daß die Croy unbeanstandet
Ehen mit Damen des niedern, untitulierten Adels geschlossen haben. Daß sie
ihre Frauen nur aus den Kreisen ihrer Standesgenossen hätten nehmen dürfen,
erscheint hiernach als ganz ausgeschlossen.
Ehen mit bürgerlichen Damen sind nur zweimal und zwar erst in jüngster
Zeit, d. h. in den letzten fünfzig Jahren vorgekommen. Die erste von diesen,
die des Prinzen Alfred Emmanuel v. Croy wurde 1875 mit einer Engländerin,
Elisabeth Maria Parnell geschlossen. Den aus ihr hervorgegangenen Kindern
wurde 1906 die Zugehörigkeit zu dem standesherrlichen Hause Croy und die
Erbfolge in die Herrschaft Dülmen bestritten. Das Oberlandesgericht Hamm
erkannte 1908 in letzter Instanz gemäß diesem Antrag, wies aber den weiteren
ab, ihnen auch zu verbieten, sich Herzoge und Prinzen v. Croy zu nennen, d&
das Haus diese Titel, die zudem ausländische sind, schon vor der Erlangung
der Standesherrschaft Dülmen besaß. Es hielt also Ehen mit bürgerlichen
Damen für unstatthaft im Hause Croy.
Die zweite Ehe mit einer Bürgerlichen ist die, die der heute regierende
Herzog Karl 1913 mit Nancy Leishmanu, der Tochter des vormaligen Bot-
schafters der Vereinigten Staaten in Berlin, abschloß. Sie ist noch nicht ange-
foohten. KEKULE, der Ehen mit bürgerlichen Damen für die Croy gestattet
hält, tritt dafür ein, daß sie nach allen Richtungen vollwirksam sei.
Hauptmann.
Ignaz Seipel, Nation und Staat. Wien und Leipzig. Wilh. Brau-
müller. 1916. 195 S.
Im Vorwort erklärt der Verf., ‚durch eine möglichst klare Fassung der
Begriffe Nation und Staat eines der wichtigsten Probleme des menschlichen
Gemeinschaftslebens . ... . einer wenigstens theoretischen Lösung näher-
bringen‘ zu wollen und stellt sich gleichzeitig als katholischer Theologe und
Oesterreicher vor, der sich bewußt ist, daß ‚‚diese beiden Eigenschaften sich
fast auf jeder Seite seines Buches bemerkbar machen“. ‚Formal kennzeichnet