— 463 ° —
Beständigkeit gewidmet, wobei in ungemein fesselnder und lehrreicher Weise
vier Antithesen gebildet werden, nämlich die zwischen Bürger und Mönch,
Bürger und Ritter, Bürger und Bauer, Bürger und Arbeiter. Hier greift der
Verfasser ins volle Gegenwartsleben hinein, läßt die Vergangenheit wieder aus
den Werken eines Hans Sachs, Meister Stolle, Joh. Apricola, Joh. Pauli usw.,
auferstehen und stellt den einzelnen Ständen ihre wohldurchdachten Zukunfts-
aufgaben unter gleichzeitiger, in die Volkstiefen dringenden Kennzeichnung
unseres englisch-amerikanischen Hauptfeindes. Wir würden gern noch näher auf
das einzelne eingehen; aber ein solches Buch ist zu schade für ein Referat, es
muß eben in eigner Lektüre ausgekostet werden.
Wilhelm Müller.
Rudolf Laun, Professor in Wie. Die Internationalisierung
der Meerengen und Kanäle. Bericht, erstattet an die
neutrale Konferenz in Stockholm, nebst einem Vertragsentwurf. Bei
Martinus Nijhof im Haag. 1918. 172 Seiten.
Ein erstes Kapitel schildert den gegenwärtigen Stand des Problems. Der
Verfasser klagt, das rechtliche Statut der Meerengen und Kanäle sei wenig
geklärt. Als wertvolle Vorarbeit hebt er die Schrift von SCHÜCKINnG über die
Verwendung der Minen im Seekrieg hervor und verfolgt weiter die Erörterungen
des Instituts für internationales Recht zu Paris, 1894, die Diskussionen auf
der II. Haager Konferenz, die Arbeiten des XVI. interparlamentarischen Kon-
gresses in Brüssel 1910 und der permanenten Kommission der Nationalitäten-
konferenz in Lausanne 1915.
In einem zweiten Kapitel entwickelt LAUN seine eigenen Vorschläge.
Was die Kanäle betrifft, so verlangt er kein internationales Statut für die-
jenigen von Korinth und Kiel; denn es stehen hier mit geringem Umweg natür-
liche Wasserstraßen offen, so daß der ungeheure Eingriff in die Gebietshoheit,
den eine Internationalisierung bedeutet, außer allem Verhältnis zu den errun-
genen Vorteilen für den Verkehr stände. Was die Meerengen angeht, so scheidet
der Verfasser zwei Arten von vornherein aus, diejenigen, die zu breit sind,
als daß die völlige Sperrung der Durchfahrt praktisch möglich wäre, und die
bedeutungslosen, d. h. diejenigen, deren Sperrung den internationalen Ver-
kehr nicht oder nur unwesentlich berifhren würde. Welches ist nun die ent-
soheidende Breite? Man kann die Internationalisierung, sagt LAUN, nicht
baschränken auf die Meerengen, die so schmal oder schmäler sind als die doppelte
Distanz der Küstengewässer. Denn abgesehen davon, daß die Distanz der Küsten-
gewässer nicht feststeht, ist folgendes zuerwägen. Wohl bleibt bei größeren
Straßen ein Streifen offenen Meeres übrig. Wenn aber beide Ufer demselben Staat
gehören und dieser in einen Krieg verwickelt ist, oder wenn beide Uferstaaten
Krieg führen, so ist die ganze Meerenge Kriegsschauplatz und kann daher nach
den allgemeinen Sätzen des Völkerrechts durch Minen vollständig abgesperrt