Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

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geber der Krone. Bsi den Beratungen des Kabinetts ist der Herrscher nicht 
zugegen. Das Kabinett wurde im 19. Jahrhundert einheitlich und solidarisch. 
Schließlich hat sich auch noch eine Verengerung des Kabinetts vollzogen. 
Die Zahl der die letzten und wichtigsten Entscheidungen treffenden Minister 
ist sehr gering. Das Kabinett ist nicht nur von dem König, sondern auch von 
dem Parlament schließlich unabhängig geworden. Beim Kabinett liegt fast 
ausschließlich die gesetzgeberische Initiative. Auch die überwachende und 
verwaltende Tätigkeit des Parlaments ist stark beschränkt worden. Der 
entscheidende Faktor ist die Wählersohaft. Absolutistisch ist diese Regierungs- 
weise nicht, wie Verf. meint, wohl aber oligarchisch, mit der Unterlage brei- 
tester Demokratie. In Deutschland gibt es keine Scheinmonarchie wie in 
England, auch kein Zweiparteiensystem. Die Vielheit der Parteien sichert 
dem Monarchen die Möglichkeit, mit Hilfe seiner Beamtenregierungen über 
den Parteien zu stehen. Bei uns kann sich auch die kontrollierende Tätigkeit 
viel lebendiger gestalten. Gegen die Besetzung von Ministerstellen durch 
Parlamentarier hat Verf., bei vorsichtiger Auswahl und möglichster Vermei- 
dung des Ueberwiegens von Berufspolitikern, auch für deutsche Verhältnisse, 
wenn ich ihn recht verstehe, nichts einzuwenden. Die Beamten lassen zu- 
weilen die staatsmännischen Eigenschaften vermissen, so daß die Bewährungs- 
und Auswahlmöglichkeiten verbessert werden können. Das englische Muster 
ist abzulehnen, Auffrischung und Weiterbildung unserer staatlichen Ein- 
richtungen ist dagegen zu befürworten. Das ist im ganzen sicherlich der zu- 
treffende Standpunkt für alle, die, jedem unnatürlichen Umsturz abhold, 
eine organische Weiterentwicklung der deutschen öffentlichen Verhältnisse 
wünschen und unseren Staat nach den Erfahrungen und Notwendigkeiten 
des Weltkrieges in behutsamer Weise, konservative Beharrung mit vernünf- 
tigem Fortschritt verbindend, ausgestalten wollen. Verf. gibt an, daß er die 
Schriften von ERICH KAUFMANN, Bismarcks Erbe in der Reichsverfassung, 
FERDINAND TÖNNIES, Der englische Staat und der deutsche Staat und Pı- 
LOTY, Das Parlamentarische System, sämtlich 1917, nicht mehr benutzen 
konnte. Das ist schade. Meine Kenntnis dieser Veröffentliohungen’ gestattet 
aber die Vermutung, daß die Verwertung dieser Arbeiten zu grundsätzlichen 
Aenderungen keinen Anlaß gegeben hätte. Die Schrift HÜBNERSs ist in leb- 
hafter Sprache gehalten, klar und plastisch. Sie wird in ihrer objektiven Ruhe 
vielen, politischer Orientierung Bedürftigen, die besten Dienste leisten. 
Cöln. - Professor Dr. Stier-Somlo. 
Fleischmann, Dr. Max, ord. Professor an der Universität Königsberg i. Pr. 
Tarifabreden in Straßenbenutzungsverträgen. 
Grenzen ihrer Reohtswirksamkeit ($$ 6 und 14 preuß. Kleinbahngesetz). 
Berlin 1917, Verlag von Franz Vahlen, 63 S. — Preis Mk. 2.—. 
Die Abgabepflicht für Straßenbahnen nach dem Gesetze vom 4. April
	        
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