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1917 wurde bis zum 1. 7. 1918 hinausgeschoben, es sei denn, daß vor diesem
Zeitpunkt eine Erhöhung der Tarife erfolgt. Ist der Betriebsunternehmer —
gemeint ist in erster Reihe die Staßenbahn — an der Gestaltung der Tarife
durch Vereinbarungen mit einem Dritten gebunden, so stehen diese Verein-
barungen solchen Tarifänderungen nicht entgegen, die zur Deckung der Ab-
gaben bestimmt und nach Lage der Verhältnisse als angemessen zu erachten
sind. Die Kleinbahngesellschaften sind bei ihrer Tarifsetzung vielfach an die
Vereinbarung mit Gemeinden als den Wegeunterhaltungspflichtigen oder an
die behördliche Genehmigung bei Festsetzung von Höchstsätzen gebunden.
Auch das erwähnte neue Gesetz hat die streitige Frage nach der Natur der
Tarifsatzungen und der Rechtsverbindlichkeit von Vereinbarungen des Unter-
nehmers mit dem Wegeunterhaltungspflichtigen nicht entschieden. In sorg-
fältigen Erörterungen gelangt Verf. zunächst zu dem Satze, daß das, was an
der Konzession der Vollbahnen in langer Geltungszeit erprobt ist, für das
Recht der Kleinbahnen gleichfalls zugrund zu legen ist. Bei Kleinbahnen
wie Vollbahnen ist der Dienst für den öffentlichen Verkehr das wesentliche.
So findet Verf. in der Konzession den rechtbegründenden Akt für die Klein-
bahnen wie für die Vollbahnen. BORNHAK bezweifelt dies (Verwaltungsar-
chiv Bd. 26 [1918] S. 247), weil die gewerberechtliche Genehmigung im all-
gemeinen den Charakter des rechtbegründenden Aktes nicht hat, sondern
nur das Anerkenntnis der Polizeimäßigkeit\ Aber die Eisenbahnunterneh-
mung ist formal aus der Zuständigkeit der Reichsgewerbeordnung ausge-
schieden! Der Genehmigungsakt ist nach F. ein rechtbegründender Staatsakt
eine Verleihung besonderer Nutzung an den Unternehmer. Er erhält ein
subjektives öffentliches Recht, das der Aufsicht des Staates auch hinsichtlich
der Tarife unterworfen ist. Spricht man freilich der Genehmigung den recht-
begründenden Charakter ab, wie das wiederum BORNHAK tut, so ist es von
seinem Standpunkte aus folgerichtig, daß die gewerbliche Berechtigung über-
haupt kein subjektives Recht, sondern eine Angelegenheit bloßer Handlungs-
und Willensfreiheit ist, obwohl doch auch hiergegen zu beachten bleibt, daß
die Eisenbahnunternehmung positivrechtlich der Gewerbeordnung (s. deren $ 6)
nicht untersteht. Die Staatsaufsicht erstreckt sich zwar nicht auf eine Ge-
nehmigung der Fahrpreise, wohl aber ist ihretwegen bei der Genehmigung
„das Erforderliche‘ festzustellen. Die Festsetzung eines Höchstpreises durch
die Behörde hat die Gesamtheit unmittelbar zu schützen, indem der Tarif
den einzelnen nicht über den Höchstpreis hinaus belasten darf, aber auch
mittelbar, indem anerkannt wird, daß bis zu solcher Höhe berechtigte In-
teressen des Unternehmers vorliegen, die besonders auch in dem behördlichen
Schutze der Erhaltung der Lebensfähigkeit des Unternehmens deutlich werden.
In wesentlicher Uebereinstimmung mit der Lehre OTTO MAYERs vom öffent-
lichen Eigentum, sieht Verf. als den Gegenstand der Tarifvereinbarung mit
dem Wegeunterhaltungspflichtigen ein Recht an der Straße an, das ist ein