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ließe; aber der „Machiavellismus“ ist ihm dafür um so wichtiger.
GUSTAV ADOLF und RICHELIEU vor ROCHELLE haben ehrlich und
menschlich Krieg geführt, weil sie das Grotius-Buch de iure pacis
ac belli im Tornister trugen, aber „KATHARINA VON MEDICI,
PHıLIpp Il., ALBA, DES ADRETS, TILLY, WALLENSTEIN waren
einfach die jene Zeit beherrschenden, zu Fleisch gewordenen
Machiavellischen Theorien.“
In diesen Vorträgen will ich versuchen, die Darstellungsweise
des WHITEschen Werkes zum abschreckenden Beispiel, die des
ROSEBERYschen Buches zum Muster zu nehmen, in das politische
Wesen der Engländer, wie sie heute sind, hineinzusehen, Minister
und Abgeordnete und, wo es angeht, auch den gemeinen Mann
reden zu hören und handeln zu lassen, das Laufen und Schnurren
der Staatsmaschine in den Regierungsämtern, hinter dem Stuhl
des Sprechers, in den Parteisekretariaten zu belauschen, uns zur
Wahlzeit um die Polling-stations und in den benachbarten
Wirtshäusern und nachher auch im Gerichtssaal bei der Prüfung
der Mißbräuche herumzutreiben —, vor allem aber bei dieser
angespannten Tätigkeit unserer Sinne zu vergessen, daß die
englische Regierungsform uns von BENTHAM, J. ST. MILL und
GNEIST her zu einem festen und toten Begriff geworden war, zu
einer von den getrockneten Ingredienzen, die das Hausrezept
für einen wohlschmeckenden Leitartikel verschreibt.
Dazu gehört freilich ein kräftiger Entschluß. Indem ich das
Wort englischer Staat spreche, klingt es als Oberton mit: Kon-
stitutionalismus, Mutter der Parlamente, monarchische Republik,
Suprematie der bürgerlichen Gewalt, und, all das zusammen-
fassend, parlamentarisches System in seiner vorbildlichen Gestalt,
wie es vielleicht nicht jedem Boden und Stamm gleich ange-
messen, aber doch das gemeingiltige Musterbild einer Verfassung,
ein Bild klassischer Schönheit ist. Daß ich nun davon in diesen
Betrachtungen gar nichts wissen will, sondern zuerst nur vom
Zweiparteienwesen spreche —, wie rechtfertige ich das? Wes-