Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

einem großen Tag spricht, von seinem Platz aus, so beugt er sich 
über den Tisch und redet auf seinen Hauptgegner, Vorgänger 
muel und Runciman; Sir John Simon hält sich, seitdem er beim Flieger- 
korps eingetreten ist, von den Unterhausdebatten fast ganz fern. Noch 
eigentümlicher ist aber die Lage, wenn man die damalige konservative 
Opposition in ihrer heutigen Stellung betrachtet. Denn die beiden einzigen 
Konservativen, die im Kabinett eine bedeutende Stellung einnehmen, sind 
Balfour, den die konservative Partei wegen seiner wiederholten Wahlnieder- 
lagen als unbrauchbar abgesetzt hatte, und Lord Robert Cecil, der als Frei- 
händler, als entschiedener Anhänger des Frauenstimmrechts (er war ge- 
legentlich auch Verteidiger der angeklagten „Militanten“) und intransi- 
genter Gegner der Parliament Bill sich nie in die Parteidisziplin gefügt 
hatte; er war immer, wie es sein Bruder Hugh jetzt noch ist, ein „Frei- 
schärler“. Bonar Law ist nur im Kabinett, weil über ihn als offiziellen 
Führer der Konservativen allein die Parteimaschine, die Whips und der 
unionistische Wahlfonds zu erlangen waren; Cave ist brauchbarer Arbeits- 
minister, Finlay ist Lordkanzler, weil doch selbst in dieser Zeit der letzten 
Mittel noch eine gewisse Scham die Regierung daran hindert, diese Würde 
an F. E, Smith zu geben und die liberalen Anwärter zu leicht, wenn sie 
einmal die Unabhängigkeit dieser höchsten Richterstellung erlangt haben, 
pazifistische Anwandlungen bekommen; die Erfahrung, die mit Lord Lore- 
burn, mit Haldane und zuletzt noch mit Lord Buckmaster gemacht worden 
sind, schrecken den Premierminister jedenfalls davor ab, noch einen Libe- 
ralen zum Lordkanzler und „Bewahrer des königlichen Gewissens“ zu 
machen. 
Bei alledem ist nicht zu vergessen, daß außer dem Krieg, der selbst- 
verständlich die destruktiven Politiker, Lloyd George und Winston Chur- 
chill, auf die Höhe der Macht bringen mußte, auch die Wirkungen der 
Parlamentsakte sich sehr stark bemerkbar machen. Durch sie ist die Kraft 
der Parteien im Unterhaus geschwächt, der Einfluß der Straße gestärkt 
worden; zu der Straße gehört aber vor allem die gelbe Presse. Diese Presse 
hat in langsamer, unablässiger Arbeit nach einander die ihr nicht gefügigen 
Minister Mc Kenna, Runciman, Grey, Asquith — deutlich wahrnehmbar vom 
Ende des Jahres 15 an — aus dem Amt gedrängt, und es liegt durchaus 
im geraden Weg dieser Entwicklung, daß Lloyd George zwei Mitglieder der 
Zeitungkönigsfamilie, die Lords Beaverbrooke und Rothermere in dasKabinett 
aufgenommen und ihrem Haupt, Lord Northcliffe, verschiedene Vertrauens- 
stellungen gegeben hat, die ihn de facto an der Regierung teilnehmen 
lassen. Die Angriffe, die deshalb in einer großen Zahl kleiner Anfragen, 
während der Adreßdebatte am 12. Februar 1918 und schließlich in einer 
eigenen Debatte im Unterhaus am 19. Februar von so verschiedenen 
Seiten wie Austen Chamberlain, Lord Hugh Cecil, Sir H. Verney und
	        
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