Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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hört haben (Der Staat, S. 3); hier und da sind unter dieser Ru- 
brik auch Volkswirtschaftskunde, Soziologie, Kolonialpolitik gelesen 
worden; nur als reine Ausnahme auch — in der letzteren Zeit — 
„allgemeine Staatslehre“, nie aber meines Wissens Politik in der 
aristotelischen Tragweite des Wortes. Und will der Ref. ver- 
neinen, daß die allgemein geltende Konstruktion des reinen Staats- 
begriffes .eine juristische gewesen ist, vom Geiste des Meisters 
LABAND beherrseht? Unter solchen Umständen kommt mir sein Hin- 
weis auf „die ganze Staatswissenschaft“ in diesem Zusammenhang 
nicht viel beweiskräftiger vor als jener Hinweis auf Oesterreich 
im zweiten Punkte: der Zeuge existiert nicht. 
Ebensowenig lassen wir uns von der Hindeutung auf die theo- 
retische Unterscheidung zwischen Anatomie ‘und Physiologie im- 
ponieren, da wir in der Praxis für jene eine außerordentliche Ent- 
wicklung und daneben für diese einen beinahe leeren Platz er- 
blicken. Indem ich dieses schreibe, vergesse ich nicht ROSCHERS und 
TREITSCHKESs Werke überPolitik,in den neunziger Jahren des 19. Jahr- 
hunderts erschienen: sie waren, wie HINTZE bestätigt (Schmollers 
Jahrbuch 1897), die letzten Repräsentanten für die spezifisch 
politische Wissenschaft als Universitätsfach — wohl auch die ein-. 
zigen nach WAITZ 1862 — und auch ihre Methode war keines- 
wegs die deskriptive, nach der hier gesucht wird. Auch schreibt 
JELLINEK 1906 (Verfassungsänderung und Verfassungswandlung, 
S. 31 und Vorwort), daß die wissenschaftliche Politik „in zusam- 
menbängender, systematischer Weise in deutschen Landen kaum 
betrieben wird“, und daß, beim Hinblicke auf ihre reiche Entwick- 
lung in westlicheren Ländern, „das bange Gefühl, wir könnten auf 
einem wichtigen Gebiete der Wissenschaft zurückbleiben“, die 
Deutschen ergreife. Seitdem ist eine Verbesserung eingetreten. 
besonders durch die „Zeitschrift der Politik“ nach 1908; noch 
1911 aber bezeichnet KELSEN den Zustand in der Wissenschaft 
vom Staat als Anarchie und spricht ihr alle Methode ab, Daß 
diese Beurteilung übrigens ihre Gültigkeit auch für die romanische
	        
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