Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

— 120 — 
Wird nicht die politische Umwälzung auch ihm Abbruch tun, hat sich 
nicht schon vieles seit dem Umsturz geändert, wird nicht noch vieles 
andere durch den neuen, völlig veränderten Aufbau unseres Staatswesens 
zum alten Eisen werden? Es läßt sich nicht verhehlen, daß dieses Be- 
denken an manchen Stellen begründet ist. Die Gesetze und Verordnungen 
der Jahre 1918/19 haben auf dem Gebiete des kommunalen Verfassungs- 
rechts manchen” alten Zopf abgeschnitten, verschiedenes vereinfacht und 
modernisiert, vor allem das Gemeindewahlrecht durch das neue Reichs- 
wahlrecht ersetzt. Ebenso hat das kommunale Verwaltungsrecht, wenn 
auch keine grundstürzenden, so doch zahlreiche Aenderungen im einzelnen 
und im kleinen erfahren. Gleichwohl darf die Gefahr, daß hierdurch der 
Wert des Handbuches beeinträchtigt worden sei, nicht überschätzt werden. 
Freilich, wer das Buch als Nachschlagewerk betrachtet und seinen Inhalt 
in einem praktischen Falle unmittelbar anwenden will, tut gut, sich erst 
aus der Preußischen Gesetzsammlung rasch zu vergewissern, ob und welche 
neuen Vorschriften in der konkreten Frage etwa erlassen sind. Wer sich 
aber mit den Grundeinrichtungen unseres kommunalen Verfassungs- und 
Verwaltungslebens vertraut machen, wer die wissenschaftlichen Prinzipien 
und Leitsätze der Materie kennen lernen will, der greife getrost jetzt und 
auch in Zukunft in allererster Linie nach dem STIER-SOMLOschen Hand- 
buch als dem besten Ratgeber. Die Fundamente und Kerngedanken unseres 
gemeindlichen Verfassungs- und Verwaltungsrechts wurzeln tief und fest in 
der Vergangenheit, sind durchaus gesund und nicht verbesserungsbedürftig. 
Im einzelnen und äußerlich mag manches ausgebaut werden: der Bau 
selbst aber, an dem mehr denn fünf Generationen im preußischen Staate 
gearbeitet haben, kann und wird nicht ganz eingerissen und braucht nicht 
von Grund auf neu errichtet zu werden. Infolgedessen wird STIER-SOMLOSs 
Werk dauernd seinen Wert behalten. Es wird nach wie vor den Bedürf- 
nissen der täglichen Praxis, welcher wissenschaftliche Begründung und 
theoretische Erkenntnis nicht fremd sein dürfen, unentbehrlich sein, es 
wird werdenden und schon im Amte stehenden kommunalen und staatlichen 
Verwaltungsbeamten ein nieversagender Wegweiser bleiben, es wird der 
Rechtsanwendung und Rechtsprechung brauchbare Dienste leisten und 
nicht zum letzten für die akademisch-wissenschaftliche Lehre und For- 
schung seinen einzigartigen Platz behaupten. Vor allem aber wird dieses 
Meisterwerk deutscher Geistesarbeit noch bei späteren Generationen ein 
beredtes Zeugnis dafür ablegen, auf welcher Höhe die deutsche Wissen- 
schaft in der dunkeln Zeit tiefsten äußeren Niederganges Deutschlands 
gestanden hat. 
Frankfurt a. M. Friedrich Giese., 
Dr. jur. Franz Josef Sassen, Gerichtsassessor, Privatdozent für Staats- 
und Verwaltungsrecht an der Universität Bonn, f. Die Unter-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.