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geschlossen ist (Mai 1919) und noch auf seine Gestaltung einwirken wollte
so bewahrt sie auch nach der Veröffentlichung volles Interesse; ja sogar
die endgültige allseitige Annahme von seiten aller gründenden Staaten
wird hieran nichts ändern. Denn bei seinen Untersuchungen stellt der
Verf. die Frage der künftigen Stellung Deutschlands im Bunde in den
Mittelpunkt, und es ist vorerst noch von ihm ausgeschlossen. Erst recht
aber bleibt die Bedeutung der Arbeit unberührt von dem Fortgang der
Ereignisse, insoweit sie eine Exegese grundlegender Bestimmungen des
Vertrages enthält.
Die Organisation des Völkerbundes weist die bescheidene Stelle an,
zu welcher das Deutsche Reich im Falle seiner Aufnahme mitbestimmenden
Einfluß erhalten kann, nicht im vollziehenden Rat, der den Vertretern der
amerikanischen Union, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Japans
vorbehalten ist, nicht ım Sekretariat, da dessen Chef vom Rat ernannt
wird, sondern allein in der Delegiertenversammlung.
Wenn so Deutschland vorerst völlig und auch auf absehbare Zeit von
einem erfolgreichen Einfluß auf die Verwaltung des Völkerbundes ausge-
schlossen ist, soll es drum grollend abseits bleiben? Keineswegs! Abge-
sehen von dem äußeren Grunde des Art. 16, der die außerhalb stehenden
Mächte bei einem Streitfall dennoch den Bestimmungen des Völkerbund-
vertrages unterwirft, besonders darum nicht, weil Deutschland am besten
auf die Idee des Völkerbundes vorbereitet ist, die Verwirklichung der Frei-
heit und Gerechtigkeit, Abschleifung der Härten des Kapitalismus im
inneren Staatsleben, des Imperialismus nach außen vermögen einen „Welt-
solidarismus“ herbeizuführen. Keine Nivellierung des Privatlebens, keine
Entnationalisierung zu einem „Völkermischmasch‘, sondern gemäß dem
deutschen Genossenschaftsbegriff Einheit auf dem Grunde der Vielheit und
Mannigfaltigkeit.
So wenig aussichtsvoll nach den formalen Vertragsbestimmungen selbst
Deutschlands erst dereinstige Stellung im Völkerbunde erscheint, so sehr
verändert sich das Bild bei Betrachtung der konkreten Weltlage.
Wie einst in der französischen Revolution treten heute eine politische
und eine soziale Reformidee auf und zueinander in Gegensatz, und zwar
die letztere diesmal in ganz anderem Grade, als dereinst. Im Osten hat
sie ihr eigenes Territorium gefunden, aber auch innerhalb aller übrigen
Staaten bis zum äußersten Westen ist sie nicht ohne Anhang. Der kom-
munistische Bolschewismus sieht in den Weststaaten nur eine Formaldemo-
kratie verwirklicht und in dem Völkerbund nur eine kapitalistisch-
imperialistische Staatenzusammenfassung. Durch eine Diktatur des Prole-
tariats im Rätesytem soll erst die Bahn zu einer späteren wahren Gleich-
heit erschlossen werden. Der Verf. hebt den organischen Charakter der
Räteorganisation gegenüber dem atomistischen der parlamentarischen Demo-
kratie hervor und verkennt sowenig ihre Bedeutung als er sie überschätzt.