Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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nicht benützt worden. Es erhebt sich dagegen die Frage, ob er 
etwa durch sein Verhalten während des Krieges stillschweigend 
auf die Thronfolge verzichtet hat. Daß im öffentlichen Recht 
ebenso wie im privaten Willenserklärungen durch schlüssige Hand- 
lungen abgegeben werden können, ist im allgemeinen nicht be- 
stritten (s. u. a. KORMANN, System der rechtsgeschäftlichen Staats- 
akte $ 22, II, S. 75); und so wird auch die Möglichkeit eines 
stillschweigenden Thronverzichtes von der überwiegenden Mehr- 
heit der Staatsrechtslehrer anerkannt. Auch dem positiven Recht 
ist dieser Gedanke nicht fremd. Das frühere Koburg-Gothaische 
Staatsgrundgesetz bestimmte, daß von einem Herzog, der einen 
außerdeutschen Thron besteige, angenommen werde, er habe auf 
die Regierung über die Herzogtümer verzichtet. Auch die fran- 
zösische Verfassung von 1791 knüpfte an gewisse Handlungen 
des Königs und des Thronfolgers die Folge, daß sie als ver- 
zichtend gelten sollten; hier war auch gerade die Bekämpfung 
des Vaterlandes mit fremden Truppen genannt. Auch andere 
Verfassungen enthielten bzw. enthalten solche Bestimmungen. Die 
Rechtswissenschaft (vgl. v. FRISCH, Thronverzicht, S. 84—95 und 
ÄABRAHAM, Thronverzieht nach deutschem Staatsrecht S. 63—78) 
nahm auch in einer Reihe anderer Fälle ohne Vorliegen positiver 
Bestimmungen stillschweigenden Thronverzicht vor. Durchweg 
handelte es sich darum, daß aus dem Umstande, daß ein Fürst 
die ihm seinem Lande gegenüber obliegenden Pfliehten nicht er- 
füllt, der Wille, nicht mehr Herrscher zu sein, entnommen wer- 
den sollte. Jedoch besteht über diese Fälle kein Einverständnis 
in der Wissenschaft, und die Zweifel, die schon obwalten, wenn 
die betreffenden Herrscherpflichten in der Verfassung genannt 
sind, verstärken sieh erheblich, wenn es sich richt um ausdrück- 
lich festgelegte Pfliehten handelt. Jedenfalls müßte erfordert 
werden, daß die betreffende Handlung keine andere Auslegung 
zulasse, als daß die Persönlichkeit die Absicht hat, zu verzichten 
(v. FRISCH a. a. O. S. 8 und S. 95). Insbesondere kommt noch
	        
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