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Dieser Gesetzentwurf wurde mit geringen Aenderungen am
10. Februar 1919 angenommen, vom Präsidenten der National-
versammlung unterzeichnet und trat mit dem Zeitpunkt der An-
nahme durch die Nationalversammlung in Kraft. Ein Antrag
der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei auf Abänderung
des $ 6 des Gesetzes, dahin lautend, daß die Geschäftsführung
der deutschen Republik einem aus 5 Personen bestehenden Präsi-
dium der Republik mit einem Präsidenten, den es selbst aus seiner
Mitte wählen solle, übertragen werde, wurde abgelehnt. Damit
hatte man sich von Anfang an gegen eine kollegiale Ausge-
staltung der Exekutive nach dem Vorbild der Schweiz erklärt.
An der Spitze des Reichs sollte ein Reichspräsident stehen, der
von der Nationalversammlung mit absoluter Stimmenmehrheit ge-
wählt werden sollte. Es war als ein demokratischer Fortschritt
zu bezeichnen, daß das Gesetz absolute Stimmenmehrheit zur Wahl
des Reichspräsidenten forderte; denn bei der Zusammensetzung
der Nationalversammlung war es nun ausgeschlossen, daß ein
Parteiangehöriger nur mit Stimmen seiner eigenen Partei gewählt
wurde. Für das parlamentarische System hatte man sich in dem
Gesetz insofern entschieden, als man die Forderung aufstellte, daß
die Reichsminister zu ihrer Amtsführung des Vertrauens der
$ 6. Die Geschäfte des Reichs werden von einem Reichspräsidenten
geführt.
$ 7. Der Reichspräsident wird von der Nationalversammlung mit ein-
facher Stimmenmehrheit gewählt. Sein Amt dauert bis zum Amtsantritt
des neuen Reichspräsidenten, der auf Grund der künftigen Reichsverfassung
gewählt wird.
$ 8 Der Reichspräsident beruft für die Führung der Reichsregierung
ein Reichsministerium, dem sämtliche Reichsbehörden und die oberste
Heeresleitung unterstellt sind. Die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amts-
fübrung des Vertrauens der Nationalversammlung.
$ 9. Alle zivilen und militärischen Anordnungen des Reichspräsidenten
bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch einen Reichs-
minister. Die Reichsminister sind für die Führung ihrer Geschäfte der
Nationalversammlung verantwortlich.