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gegenseitige Verhältnis zweier Normsysteme. Mir scheinen diese
grundsätzlichen normentheoretischen Ausführungen als der wissen-
schaftlich wertvollste Teil des Werkes, von dem reiches, uner-
wartet aufklärendes Licht auf unser bisher noch besonders dunkles
Problem fällt. „Mit den naiven Augen der Durchschnittsvorstel-
lung gesehen, scheinen sich auf den ersten Blick drei Grundmög-
lichkeiten zu bieten. Entweder die beiden Normsysteme (deren
gegenseitiges Verhältnis in Frage steht) sind voneinander gänz-
lich verschieden und unabhängig; sie stehen in keiner auf
irgendeine Einheit zielenden Beziehung — und jede „Beziehung“
ist eben ein Einheitsbezug. Oder aber es besteht eine solche
Beziehung, und diese ist dann das Verhältnis der Ueber- und
Unterordnung zwischen beiden Systemen; oder das der Koor-
dination, hergestellt durch eine gemeinsam über den beiden koor-
dinierten Ordnungen aufgebaute, beide als Teilordnungen gleicher-
maßen umfassende höhere Ordnung“ (S. 104). Es ist kaum anzu-
nehmen, daß KELSEN mit seiner einleitenden These, die immerhin
leicht mißverstanden werden kann, die Möglichkeit bestreiten wollte,
mit verschiedenen voneinander unabhängigen, zueinander beziehungs-
losen, von ihrem Standpunkt aus höchsten und selbständigen Norm-
systemen zu operieren. Vom Standpunkt einer allgemeinen N or-
mentheorie läßt sich ein solcher Geltungsanspruch verschie-
dener Normsysteme wohl vereinbaren. Nur das einzelne
Normsystem kann nicht ein anderes als von ihm selbständig
und doch verbindlich, als weder von ihm abgeleitet noch für sich
selbst bedingend, sondern als vermeintlich gleichgeordnet aner-
kennen. Wenn dies und allein dies mit KELSENs These zum
Ausdruck kommen sollte, und wenn es KELSENs alleiniges Ver-
dienst wäre, diese unhaltbare Vorstellung vernichtet zu haben, so
wäre dank diesem negativen Erfolge das, wie wir sehen werden,
übrigens auch positiv aufbauende Werk für das umstrittene Problem
des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Staatsrecht fruchtbar
wie nicht bald ein zweites. Man braucht sich nur die — in ver-