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führung wurde dieser Dienst stets als ein öffentlicher behandelt. Auf
diesem Standpunkt steht auch das vorgelegte Schreiben des bayer.
Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 26. Oktober 1920.
Ein positiv gesetzlicher Niederschlag dieser Auffassung wird auch in
den beiden Zuständigkeitsvorschriften des Art. 8 Ziff. 39 und Art. 10
Ziff. 23 des Verwaltungsgerichtshofsgesetzes vom 8. August 1878 ge-
funden,
Für die Frage, ob der niedere Kirchendienst in Bayern öffent-
licher Dienst sei oder nicht, sind diese doch immerhin nur symptoma«-.
tischen und auf einzelne Seiten des Dienstes bezüglichen, staatlichen
Vorschriften weit überschätzt worden. Das, worauf es ankommt, sind
nicht diese vereinzelten Bestimmungen des bayer. Staatskirchenrechtes,
sondern das ist die Regelung, welche dieser Dienst durch die Glau-
bensgesellschaften selbst gefunden hat. Und hier ist die Auskunft
der Quellen eine recht unzulängliche. Eine allgemeine und umfassende
Regelung fehlt in jeder der christlichen öffentlichen Glaubensgesell-
schaften. Man hat diese Angelegenheit als nebensächlich mehr der
Tradition und Praxis überlassen und es im allgemeinen jeder örtlichen
Kirchenstiftung oder an Kollegialstiftungen, Domkapitel usw. anheim-
gegeben, diese Dinge örtlich zu regeln. Eingehendere Bestimmungen
finden sich für die protestantische Kirche beider Landesteile hin-
sichtlich der Anstellung und der Dienstinstruktion in den einschlä-
gigen Konsistorialverordnungen usw. Vgl. Meurer a.a. O. 8. 186 f.
Dazu kommt noch die autonome, einseitige, nicht vertragsmäßige
Regelung des Hauptteiles der Einkünfte, die Stol- und sonstige Ge-
bührenordnung. Es ist nicht viel, was sich aus alledem an Sicherem
ergibt, aber das wenige Greifbare deutet darauf hin, daß man den
niederen Kirchendienst in den öffentlichen Religionsgesellschaften im
wesentlichen als öffentlichen Dienst angesehen und behandelt hat. Dies
gilt wenigstens zweifellos vom Mesnerdienst und vom Kantor und
Organistendienst als Regel. Bei anderen Dienstarten wird von Fall
zu Fall zu prüfen sein. Zahlreiche kleine oder nur gelegentliche
Dienstleistungen sind stets auch in anderer, privatrechtlicher Weise,
d.h. durch bürgerlich-rechtliche Dienstmieteverträge begründet und
bestritten worden.
Das Ergebnis ist, daß die Religionsgesellschaften wohl berechtigt
sind, den niederen Kirchendienst als öffentlichen zu regeln, daß sie
das aber bisher in einer nur ungenügenden und nicht ausnahmslosen
Weise getan haben.