Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Reichsverfassung gerechte. Der preuß. Minister für Wissenschaft, 
Kunst und Volksbildung hat bereits unter Würdigung der Bestimmungen 
des Art. 128 Abs. 2 durch Erlaß vom 8. März 1920 angeordnet, 
daß „fortan in den Berufsurkunden der Lehrerinnen kein Vorbehalt 
mehr aufgenommen werden darf, daß im Falle ihrer Verheiratung ihre 
Anstellungsfähigkeit erlischt“ (Deutsches Beamtenarchiv 1921 8. 435 £.). 
Nur Anscuürz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, Anm. 4 zu 
Art. 128 hat angenommen, Abs. 2 des Art. 128 sei nur Richtlinie für 
den Gesetzgeber, kein aktuelles Recht. 
Nach der reichsgerichtlichen Entscheidung kommt dem Art. 128 
Abs. 2 die Bedeutung zu, daß Ausnahmebestimmungen gegen weib- 
liche Beamte kraft der Reichsverfassung ausgeschlossen sein sollen, 
und daß es nicht erst einer künftigen Gesetzgebung vorbehalten bleibt, 
welche Folgerungen aus dem aufgestellten Grundsatz zu ziehen sind. 
Ist dies aber der Fall, so hätte es einer Untersuchung, ob das bayer. 
Volksschullehrergesetz vor oder nach dem Inkrafttreten der Reichs- 
verfassung erlassen worden ist, überhaupt nicht bedurft. Denn wenn 
Ausnahmebestimmungen schon kraft der Reichsverfassung ausgeschlossen 
sind, so wäre es nicht nur verboten, künftige Ausnahmebestim- 
mungen dieser Art zu erlassen, sondern es wären auch, um die erfor- 
derliche Uebereinstimmung des Landesrechts mit dem ihm vorgehenden 
Reichsrecht zu erreichen, die zur Zeit des Inkrafttretens der Reichs- 
verfassung bestehenden Ausnahmebestimmungen gegen weibliche Beamte 
im Wege neuer Rechtssetzung zu beseitigen. 
Hiernach wäre es auf die Feststellung, wann das bayer, Volks- 
schullehrergesetz in Kraft getreten ist, gar nicht angekommen. Mag 
es vor oder nach dem Inkrafttreten der Reichsverfassung wirksam 
geworden sein, in jedem Falle wären seine auf des Eheverbot der 
Lehrerinnen sich beziehenden Bestimmungen mit Art. 128 Abs. 2RV. 
nicht vereinbar und daher zu beseitigen gewesen. 
Was das Inkrafttreten des bayer. Volksschullehrergesetzes anlangt, 
so ist die reichsgerichtliche Auffassung, daß es für die Frage des Zu- 
standekommens und damit für das Wirksamwerden eines Gesetzes nicht 
auf den Gesetzesbeschluß, sondern auf die Verkündung ankommt, allge- 
mein anerkannter Staatsrechtsgrundsatz. Auch die weitere Darlegung, 
daß, nachdem die Reichsverfassung am 14. Aug. 1919 in Kraft getreten 
ist, jeder an diesem Tage vorgenommene Akt der Landesgesetzgebung 
von den Bestimmungen der neuen Reichsverfassung betroffen würde, 
entspricht dem allgemein in der Praxis angewandten Grundsatz. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XLI. 2. 15
	        
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