Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Allerdings ist in der Theorie früher zum Teil ein anderer Stand- 
punkt vertreten worden. LABAnD hat in der Monatsschrift für Handels- 
recht und Bankwesen 1905 S. 89 ff. die Frage erörtert, ob ein Gesetz, 
das mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft tritt, auf alle von ihm 
betroffenen Tatbestände, die während des ganzen Tages der Verkün- 
dung eingetreten sind, Anwendung findet oder ob davon diejenigen 
ausgenommen sind, die an diesem Tage vor erfolgter Ausgabe des 
Gesetzblatts sich verwirklicht haben. Er führte aus, daß ein Gesetz 
nicht schon vor seiner Verkündung Geltung beanspruchen könne. Der 
Gesetzgeber würde damit etwas Widersinniges, Unmögliches anordnen; 
er würde damit vorschreiben, daß etwas, was noch gar. nicht existiert, 
also ein Nichts, Rechtswirkung haben soll. Lapann kam daher zu 
dem Ergebnis, daß aus der Vorschrift, daß ein Gesetz „mit dem Tage 
der Verkündung in Kraft tritt“, nicht geschlossen werden könne, daß 
es Rückwirkung haben solle auf Rechtsakte, die vor der Gesetzes- 
verkündung, wenngleich an demselben Tage vorgenommen worden 
sind (vgl. auch Lasanv, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs 5. Aufl. 
Bd. II S. 84, Fußnote 1). Heınırz in der Deutschen Juristenzeitung 
1905 S. 636 ff. ist noch weiter gegangen. Nach ihm könne die Frage 
nur dahin formuliert werden, ob, wenn ein Gesetz mit dem Tage der 
Verkündung in Kraft tritt, der für die Wirksamkeit des Gesetzes maß- 
gebende Zeitpunkt der Beginn oder der Ablauf dieses Tages ist. In 
entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des $ 187 Abs. 1 BGB. 
sowie mit Rücksicht auf den Umstand, daß der Tag als eine Zeitein- 
heit anzusehen sei, müsse die Schlußfolgerung gezogen werden, daß, 
wenn das Inkraftreten eines Gesetzes durch den Tag seiner Verkün- 
dung bestimmt wird, als der maßgebende Zeitpunkt nicht der Beginn, 
sondern der Ablauf dieses Tages anzusehen sei. Hrınırtz schlug daher 
auch zur Vermeidung von Zweifeln vor, es möge in Fällen, in denen 
ein Gesetz sofort mit seiner Wirkung in Kraft treten soll, bestimmt 
werden, daß das Gesetz „mit Ablauf des Tages, an dem es verkündet 
wird“ oder „mit dem Beginn des auf die Verkündung folgenden Tages“ 
in Kraft tritt. Zu der Auffassung von Hrınırz, daß in dem von ihm 
besprochenen Falle des Inkrafttretens des Gesetzes, betr. Aenderungen 
der Zivilprozeßordnung vom 5. Juni 1905 als maßgebender Zeitpunkt 
für das Inkraftreten der Ablauf des 5. Juni 1905 anzusehen sei, hat 
Eıckuorr (Deutsche Juristenzeitung 1905 .S. 688) m. E. zutreffend 
entgegnet, daß das fragliche Gesetz selbst den Verkündungstag als 
einen Zeitpunkt erklärt hat, und daß daher von einem Beginn und 
Ablauf eines Zeitpunkts nicht gesprochen werden könne.
	        
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