Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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Zu ihnen tritt dann ohne wissenschaftliche Prätentionen und an die Adresse 
aller Gebildeten gerichtet, die zusammenhängende, gute Erläuterung Mzıs- 
NERS „Die Reichsverfassung“ (Reimar Hobbing, Berlin, 1919). 
Wenn NAwIASsKY, dessen kristallklare, sprachlich wie sachlich gleich 
erfreuliche und den Stoff in souveräner Beherrschung meisternde Schrift 
einen ganz besonderen Genuß bereitet, in seiner Vorrede ausdrücklich be- 
tont, daß er das Politische in der Reichsverfassung auf Kosten des Juristi- 
schen in den Vordergrund gerückt habe, so ist das, so wie er es ge- 
macht, kaum erkennbar. Denn wenn er auch die politische Tragweite 
der einzelnen in der Verfassung niedergelegten Normen und Komplexe 
solcher in den Vordergrund seiner Betrachtungen stellt, was namentlich da 
in die Erscheinung tritt, wo er Vorschriften nach ihrer rechtlichen wie 
politischen Seite betrachtet und hier nicht selten zu verschiedenen Ergeb- 
nissen gelangt, so beleuchtet er doch die RV. bis in ihre fernsten Winkel 
in einer Weise, die für die rechtliche Erfassung von allergrößter Bedeutung 
ist. Vorzüge des neuen Werkes werden anerkannt, die — recht zahlrei- 
chen! — Mängel in scharfsinniger, häufig durch Ironie gewürzter Kritik 
aufgedeckt und gerügt. Diese Kritik, wie die erschöpfende Durchdringung 
des — gerade NAwIAsKYs Buch zeigt das so deutlich — spröden und emi- 
nent schwierigen Werkes von Weimar ist es, was einem die Publikation 
immer wieder in die Hand zwingt. 
Mit einer Kritik setzt die Broschüre schon ein: mit der Feststellung, 
daß niemand eine rechte Freude an dem Werke von Weimar habe, mag 
man sie vom politischen, wirtschaftlichen, sozialen, nationalen, juristischen, 
ästhetischen Standpunkte aus betrachten: Entstanden nicht wie Bismarcks 
Magna Charta in einem Augenblicke größter nationaler Erhebung, im Au- 
genblicke des nach langer Not wiedererstandenen deutschen Kaiserreichs, 
sondern in einer Zeit tiefster vaterländischer Schmach unter den Bedrohun- 
gen des äußeren wie inneren Feindes hat dieses Sorgenkind unter den hef- 
tigsten Wehen der gesetzgebenden Faktoren das Licht der Welt erblickt 
— ein goldenes Rechtsbuch des Volkes ebensowenig wie die Verfassung 
vom 16. April 1871!. War aber jene ein geschlossenes Ganze, so gilt das 
gleiche nicht für ihre Rechtsnachfolgerin, bei der — das zeigt der Ver- 
fasser namentlich an Art. 2, 3, 61 — Wollen und Können mehr als einmal 
in schroffem Kontraste stehen. War das Werk Bismarcks, eben weil das 
Geistesprodukt eines Einzigen (in doppelter Hinsicht Einzigen!), die — 
häufig starre — Ausprägung bestimmter, als leitend erkannter Prinzipien, 
so sind, das zeigt sich besonders deutlich bei den in beinahe epischer 
Breite in der Verfassung niedergelegten Grundrechten, die Bestimmungen 
ı Verlangt NawIAskY nicht doch zuviel, wenn er die Verfassung an 
das Volk adressiert gerichtet wissen will? Ist das wirklich ein erstrebtes 
Ziel einer Magna Charta in abstracto oder der vom 11. VIII. 19 in concreto?
	        
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