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v. ROTTERDAM (diesem allein widmet L. 30 Seiten), Sir THOMAS MORE, VIves,
CLICHTHOVE, FRANCK, RABELAIS, MONTAIGNE, dargestellt, der Kontrast auf-
gezeigt zwischen auf der einen Seite dem von den Fürsten begünstigten be-
wußt-egoistischen Internationalismus der Kaufmannschaft und dem auf
eigene Vergrößerung gerichteten, rein nationalen Streben der Herrscher,
deren Unabhängigkeit voneinander aber doch wieder die Voraussetzung
für Staatenbundideen überhaupt bildete. Von den offiziellen Kirchen hat
keine den Pazifismus verteidigt: Sie waren autoritär und bedurften der
ultima ratio. „Comme toute realisation, la Reforme — que ce soit celle
de Luther, celle de Calvin celle de l’Anglicanisme. — est reduite & l’oppor-
tunisme: elle doit se contenter de compromis, de solutions interme-
diaires“. Anders die Sekten, wenngleich deren Protest gegen die Kriege
die Geister erst in zweiter Linie beschäftigte — das gilt für die Wieder-
täufer, wie die Mennoniten und Quäker (über die, deren segensreiches Wir-
ken wir eben dankbar bewundern, der Verfasser auch geschichtlich interes-
sante Einzelheiten gibt: vgl. 247—261). Besondere Hervorhebung verdient
das hervorragende 8. Kapitel: la science de droit international, in dem,
nach einer ausgezeichneten Uebersicht, warum gerade im 15, und 16. Jahr-
hundert die Völkerrechtswissenschaft aufkommen konnte (eine Entwicklung,
die. Hand in Hand ging mit dem Erstarken der Staatsgewalt und der da-
durch unter ihrem Schutz ermöglichten neuen Blüte des Handels, die ihrer-
seits Anknüpfung internationaler Beziehungen von Staat zu Staat gebie-
terisch forderte), die Schriften erst der Theologen FRANCISCUS A VICTORIA,
FRANCISCUS SUAREZ, dann der Juristen ALBERICUS GENTILIS und HuUGo GRO-
TIUS eingehend analysiert werden. (Dabei stimme ich LAnGz vollkommen zu,
wenn erzugunsten GENTILIS, dem eine Höherbewertung, vielleicht sogar Gleich-
bewertung mit GRoTIUS m. E. gebührt, eine Lanze bricht). Eine eigentliche
pazifistische Literatur läßt der Verfasser im 17. Jahrhundert aufkommen —
als Reaktion gegen die Religionskriege, gegen namentlich den dreißigjäh-
rigen Krieg. Und er behandelt nacheinander in drei Gruppen Autoren,
deren Schriften durch die französischen Religionskriege, aus einem un-
klaren Humanitätsgefühl und aus den Schrecken des dreißigjährigen Krie-
ges entstanden sind. Vielleicht in keinem anderen Abschnitt des Buches
zeigt sich so sehr, welches riesige Material der Verfasser für seine Arbeit
durchforscht hat als gerade hier, wo wir neben einer unbekannten Schrift
eines Zeitgenossen MICHEL DE MONTAIGNEs unbekannte Publikationen deut-
scher Autoren liebevoll behandelt finden. Begegnet uns GRIMMELSHAUSEN,
so nicht weniger SAVINIEN DE ÜYRANO BERGERAC, der meist nur als Rauf-
bold bekannte Held des Rostandschen Stückes, der neben seiner kriegeri-
schen Seele auch — wie LAngE aufzeigt — recht pazifistische Adern be-
saß. Die Idee der Zusammenschweißung der Christenheit in einer Welt-
monarchie oder einem Staatenbund, vornehmlich mit der Spitze gegen die
Ungläubigen, begegnet uns bei POSTEL, CAMPANELLA, EM£ERIC CRUCE und