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aller vom Staatsoberhaupte ausgehenden Verfügungen in Re-
gierungsangelegenheiten zur Bestätigung ihrer „Zweckmäßigkeit
und Uebereinstimmung mit den Gesetzen und der Verfassung des
Landes“ (Sächs. Verf.Urk. von 1831 $ 43), und die Ministeran-
klage vor dem Staatsgerichtshofe wegen Verfassungsverletzung
(Sächs. Verf. v. 1831 88 140f..).
Im übrigen besteht im parlamentarisch gebundenen, aber nicht
parlamentarisch regierten Staate der Grundsatz der Trennung
der Gewalten. Die den Staat leitende und höchste Gewalt hat
der erbliche Monarch oder ein vom ganzen Volke gewählter Prä-
sident, unter seiner obersten Führung aber wirken voneinander
getrennt und selbständig die gesetzgebende und die vollziehende
Gewalt — Legislative und Exekutive ?! — in harmonischer, sich
gegenseitig ergänzender Betätigung ihrer Funktionen.
Anders im parlamentarisch regierten Staate, dessen
Wesen bereits oben gekennzeichnet wurde. In diesem, gleichviel
ob Monarchie oder Republik, beherrscht in Wahrheit das Parla-
ment alle Kräfte des Staates. Auch da, wo nach der Meinung
REDSLOBS die echte parlamentarische Regierung als ein System des
Gleichgewichtes zwischen der exekutiven und der legislativen Ge-
walt besteht, ist der nominielle Träger der Staatsgewalt, der König
nder der Präsident, nur scheinbar die den Staat leitende schöpfe-
rische Kraft, da er in seinen wichtigsten Entschließungen und
-Handlungen, in der Wahl seiner Minister, nieht frei, sondern an
die Vorschläge oder wenigstens überwiegende Willensrichtung des
Parlamentes gebunden ist. Und wenn der König oder Präsident
in dieser Weise ein lebensfähiges Ministerium gefunden hat, so
beherrscht auch dann, solange dieses Ministerium sich im Ein-
klange mit der Kammermehrheit befindet, nicht er, sondern das
Ministerium, sobald letzteres aber nicht mehr vom Vertrauen des
21 Zur vollziehenden Gewalt im weiteren Sinne ist auch die Rechts-
sprechung zu rechnen, s. W. SCHELCHER, Parlamentarismus und Demo-
kratie S. 25, in Fischers 3. Bd. 49 8. 361.