Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 41 (41)

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System. Welches sind nun die Vorzüge und welches sind die 
Nachteile dieser Einrichtung? 
$ 5. Nicht bloß im politischen Leben, auch in der Rechts- 
wissenschaft ist die Frage nach dem Werte des parlamentarischen 
Systems vielfach erörtert worden. Seine ersten energischen Ver- 
fechter hat es in ROBERT V. MOHL gefunden, der bereits im Jahre 
1852 in einer Abhandlung „Das Repräsentativsystem, seine 
Mängel und Heilmittel“ (Deutsche Vierteljahrsehr., Heft 3, S. 145 ff.) 
und sodann in seinem „Staatsrecht“, 1860, für diese Regierungs- 
weise nach dem Vorbilde Englands mit beredten Worten eintrat. 
Aber weder das Deutsche Reich noch die deutschen Einzelre- 
gierungen bekannten sich zu der Lehre MOHLS, die nur vorüber- 
gehend in der Reichsverfassung von 1849 zum Ausdruck kam und 
in den „Märzministerien* einiger deutscher Staaten sowie in der 
Paulskirche verwirklicht wurde. Und als in den 80er Jahren die 
Fortschrittspartei das parlamentarische System auf ihr Programm 
setzte, nahmen 1884 die Bundesregierungen unter der Leitung 
Bismarcks in einem Bundesratsbeschlusse grundsätzlich Stellung 
gegen diese Regierungsform. Als ihr bedeutendster wissenschaft- 
licher Gegner ist sodann MAX V. SEYDEL in seiner bereits oben er- 
wähnten Abhandlung „Konstitutionelle und parlamentarische Re- 
gierungsform“, 1887 aufgetreten. Seitdem ist das parlamentarische 
System in den verschiedenen Lehrbüchern des deutschen Staats- 
rechts zwar als eine besondere Erscheinung des politischen Lebens 
erwähnt und charakterisiert**, nirgends aber in Bezug auf seine 
Wirkungen und seinen Wert eingehender untersucht worden. Erst 
in neuester Zeit haben sich einige Staatsrechtslehrer ausführlicher 
hiermit befaßt, so namentlich FELIX MOREAU in dem Werke 
Frankfurter Zeitung „Der Deutsche Parlamentarismus in Vergangenheit und 
Zukunft“, an welche PıLoTY in seiner Abhandlung im Arch. f. Rechts- und 
Wirtschaftsphilosophie anknüptt. 
* RrHM, Allg. Staatslehre S. 346; G. JELLINEK, Allg. Staatslehre, 
2. Aufl. S. 685 ff.; G. MEYER-AnscHÜrtz, Deutsches Staatsrecht 7. Aufl. 
S. 147, 335.
	        
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