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ein Werkzeug der Volksbedrückung, sondern ein Werkzeug des
Volkswillens sein; es soll das Selbstbestimmungsrecht des Volkes
verwirklichen und nicht der Herrschaft einer Partei, sondern dem
Wohle des ganzen Volkes dienen“ (V. ZENKER in der Zeitschr.
„Demokratie“, 1. Jahrg. 1920, S. 13 und im „Parlamentarismus“
S. 70).
OTTO KOELLREUTTER sagt in seiner Rede über das parla-
mentarische System in den deutschen Landesverfassungen (1920)
S. 12 ganz mit Recht,
„die parlamentarische Regierung müsse die Geschäfte im Einvernehmen
mit dem Parlament führen, weil sie,nach dem demokratischen Prinzip,
dem Volke verantwortlich sei. Das Parlament als Repräsentant der
Volksgesamtheit bilde hierfür aber nur die Brücke, die Vermittelung
zwischen Regierung und Volk. Eine notwendige und unabweisbare
Folgerung der Demokratie sei die parlamentarische Verantwortlichkeit
der Regierung. Darin, daß das Volk auf die Zusammensetzung der
Regierung, die seine Geschicke leiten soll, bestimmten Einfluß habe, liege
die Bedeutung des Satzes, die Staatsgewalt geht vom Volke aus und der
Sinn des Volksstaates (s. hierzu jedoch oben Anm. 36). Aber gerade
weil diese Verantwortlichkeit der Staateleitung gegenüber dem Volke
der eigentliche Kern der demokratischen Staatsform sei, desbalb sei der
Parlamentsahsolutisnus, wie ihn Badleu in krasser Form, die Mehrzahl
der deutschen lLandesverfassungen in verhüllter Form durchgeführt
haben, im tiefsten Sinn undemokratisch.
So muß auch LUSENSKY im „Neuen Staat“ S. 158 zugeben,
daß das Ziel der neuen deutschen Republik, „das durch Selbst-
zucht geläuterte Volk zu einem wahren Volksstaat zu erziehen,
in dem unbeschadet der dem Einzelnen gewährten Sicherheit freier
Entwickelung seiner Persönlichkeit, die staatlichen Aufgaben nach
dem Willen der Volksmehrheit erfüllt werden“, durch das par-
lamentarische System nur erreicht werden könne, wenn dieses
völlig verstanden und richtig gehandhabt werde.
„Trotz der Machtstellung, die bei diesem System der Volksvertretung
zufällt, und gerade wegen dieser Machtstellung erwächst die Gefahr, daß
dag Parlament eine Gewalt erringt, unter der dem Volkswillen nicht
die gebührende Berücksichtigung zuteil wird. In der mit dem Parla-
ment unabweisbar verbundenen Parteiherrschaft. Parteitaktik und Partei-