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$ 11. Einfluß aufdieGesetzgebung. Der Gedanke
und die Forderung, daß das Volk durch seine Vertretung maß-
gebend mitwirke an der Aufstellung der Rechtsordnung, unter der
es leben soll, also an der Gesetzgebung, sind von Alters
her in England und seit der ersten französischen Revolution in
allen Kulturstaaten so fest eingewurzelt und so tief in das all-
gemeine Bewußtsein eingedrungen, daß sich daraus ein unumstöß-
licher staatsrechtlicher Grundsatz gebildet hat, der in jedem Staats-
wesen, gleichviel ob Monarchie oder Republik, in mehr oder
weniger scharf ausgeprägter Weise zur Geltung kommt. Das hat
dazu geführt, daß unter dem Einflusse der MONTESQUIEUschen
Lehre von der Teilung der Gewalten bereits in der französischen
Verfassung von 1791 die Assemblee nationale geradezu „Corps
legislatif* genannt wird und auch später die Parlamente der
meisten anderen Staaten dementsprechend bezeichnet undals „Legis-
lative“ der Regierung als der „Exekutive“ gegenübergestellt wor-
den sind, obwohl die Tätigkeit der Parlamente sich keineswegs
nur auf die Gesetzgebung beschränkt.
Die Art und der Umfang der Beteiligung der Volksvertretung
an der Gesetzgebung sind aber sehr verschieden im rein konsti-
tutionellen Staate und im parlamentarisch regierten Staate, sie
sind auch nicht gleich in der parlamentarischen Monarchie und
in der parlamentarischen Republik. Im allgemeinen läßt sich
sagen, daß in der konstitutionellen Monarchie und der rein reprä-
sentativen Republik das Parlament, wenn auch als wesentlich
bestimmender Faktor nur mitwirkt an der Gesetzgebung und
der andere mitbestimmende Faktor und formale Träger der Gesetz-
gebung das Staatsoberhaupt — Monarch oder Präsident — bleibt,
während in der parlamentarischen Monarchie oder Republik das
Parlament selbst der eigentliche Gesetzgeber und das nominelle
Staatshaupt nur das ausführende Organ ist.
Der Weg der Gesetzgebung im Reiche ist in Art. 68 bis