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Ferner DE NIEM a. a. O.:
„Ein jeder dieser so gewählten Abgeordneten fühlt aber sofort den
Beruf zum Gesetzgeber in sich und stimmt mit derselben Seelenruhe ab
über ein Viehseuchengesetz wie über eine Zivilprozeßordnung, über Hand-
werkskammern wie über eine Neuordnung der Erbfolge.“
Und nicht bloß das, er hält sich auch für berufen, Gesetzes-
vorlagen zu verbessern und sie durch eigene Anträge entsprechend
dem von ihm vertretenen Interessenstandpunkt umzugestalten oder
zu ergänzen oder auch selbständig neue Gesetze in Vorschlag zu
bringen. Es ist aber oft ebenso schwer, ein fertiges Gesetz zu
„verbessern“, als ein neues zu schaffen, und es ist viel leichter,
gesetzgeberische Gedanken zu haben, als solche in die Tat ümzu-
setzen und ihnen die hierzu geeignete Form zu geben. Das weiß
jeder, der, wie der Verfasser, längere Zeit selbst im parlamenta-
rischen Leben gestanden hat und dabei mehrere größere Gesetz-
'entwürfe in zwei Kammern zu vertreten und mit diesen zu beraten
hatte. Er weiß auch, welche Gefahr für den ganzen geschlossenen
Aufbau und innern Zusammenhang eines Gesetzes oft anscheinend
unerhebliche, lediglich von Parteiinteressen diktierte Anträge mit
sich bringen und mit welcher Vorsicht man verfahren muß, wenn
man solchen Anträgen, lediglich aus Gründen der Politik, um
nicht das Gesetz scheitern, zu lassen, zu entsprechen genötigt ist.
Und wenn hierbei schließlich weder in formaljuristischer noch in
materieller Hinsicht etwas allseitig Befriedigendes herauskommt.
so ist ein solches Ergebnis gewiß nicht der Arbeit der Regierung,
sondern nur der parlamentarischen Behandlung zuzuschreiben.
Man sehe sich z. B. die Reichsgewerbeordnung an. Welches
unübersichtliche und planlose Monstrum von Gesetz ist daraus
durch die zahllosen, nachträglich auf Verlangen des Reichstags
eingefügten Bestimmungen geworden, so daß es ohne Kommentar
kaum noch richtig verstanden werden kann!
Alle solche Uebelstände werden um so fühlbarer beim parla-
mentarischen System, wo der wesentlich bestimmende Faktor der
Gesetzgebung nicht die Regierung, sondern das Parlament ist.