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tiative zur Auflösung des Landtags wird kaum je betätigt werden.
Die Regierung hat keine Waffe, um ihre Existenz zu verteidigen,
sie kann den Schiedsspruch des Volkes nicht anrufen. Im Falle
eines Konfliktes mit dem Landtag bleibt ihr nur die Möglichkeit
zu demissionieren oder ihren Willen unter den des Landtags zu
beugen. Die endgültige bayrische Verfassung hat das parlamen-
tarische System in seiner echten Form nicht verwirklicht. Das
Volk als Faktor der Regierungsbildung spielt eine Rolle zweiten
Ranges, der bestimmende Faktor ist der Landtag. Die Regierungs-
bildung bietet ein Schauspiel, das an die Vorgänge bei der Ka-
binettsbildung in Frankreich erinnert, wir haben das parlamenta-
rische System in seiner unechten Form vor uns in Verbindung
mit dem Direktorialsystem der Schweiz.
Die Regierungsbildung in Württemberg nach den Vorschriften
der Verfassung vom 25. September 1919.
Entstehung der Verfassung.
Bereits am 26. April 1919 hatte die von der revolutionären
Regierung berufene, am 12. Januar gewählte, verfassunggebende
Landesversammlung eine freistaatliche Verfassung für Württem-
berg beschlossen. Weniger glücklich wie in Bayern, machte das
Erscheinen der Reichsverfassung am 11. August 1919 umfang-
reiche Aenderungen der Landesverfassung notwendig. Die frei-
staatliche Verfassung wurde in der veränderten Form am 25. Sep-
tember 1919 beschlossen.
Verfassung und Regierungsbildung.
Die Bestimmungen der Verfassung über die Regierungs-
bildung finden sich in den $$ 26 ff. Im wesentlichen‘ gleichen
die Vorschriften denen der bayrischen Verfassung, nur die Be-
zeichnungen sind teilweise verändert. Der Ministerpräsident, bier
Staatspräsident genannt, wird vom Landtag gewählt. Der Staats-
präsident beruft und entläßt die übrigen Minister und bestellt