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Volk und Regierungsbildung.
Die Entscheidung über die Gestaltung der Regierung ist in
diesem Fall direkt in die Hände des Volkes gelegt. Entscheidet
die Volksabstimmung mit absoluter Mehrheit für die Auflösung
des Landtags, so wird der neugewählte Landtag die Regierung im
Amt bestätigen, fällt die Volksentscheidung gegen die Regierung
aus, so muß sie zurücktreten.
Resultat.
Die Frage ist nur, ob die Regierung, bei dem durch die Parla-
mentswahl bedingten Unterschied der Autorität, dem Landtag
gegenüber zu diesem Mittel greifen wird. Es wird viel davon
abhängen, wenn dieses Mittel angewandt wird, wie der Erfolg
beim ersten Male ausfällt. Wieviel von einem solchen Präzedenz-
fall abhängen kann, beweist der mißglückte Versuch des Präsidenten
Mac Mahon, die Abgeordnetenkammer aufzulösen! Diesem Ver-
such folgte in Frankreich nie ein zweiter. — Der Landtag seiner-
seits hat die Möglichkeit, über eine Umbildung der Regierung die
Volksabstimmung entscheiden zu lassen”. Da jedoch kein Zwang
dazu besteht, wird er diese Möglichkeit kaum je verwirklichen,
um so mehr, da dieses Vorgehen für den Landtag eine freiwillige
Einbuße an seiner Vormachtstellung bedeuten würde. Abschließend
kann man hinsichtlich der Verfassung von Sachsen - Weimar-
Eisenach bemerken, daß sie die Störung des Gleichgewichts zwi-
schen gesetzgebender und vollziehender Gewalt, die in der Wahl
der letzteren durch die erstere und den daraus bedingten Autori-
tätsunterschied begründet liegt, so gut es möglich ist, ausgeglichen
hat. Die Regierung besitzt in dem Recht, eine Volksabstimmung
anzuberaumen, eine Waffe gegenüber dem Landtag. Ob diese
Waffe trotz des Autoritätsunterschiedes erfolgreich angewandt
wird, ob dem Volke ein tätiges Mitbestimmungsrecht bei der
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