Allgemeine Lehren der Gerichtsverfassung.
Von
Prof. Dr. FRIEDRICH DOERR, München.
Inhaltsübersicht: Einleitung. 1. Abschnitt: Begriff, Wesen und
Aufgabe der Gerichte. 2. Abschnitt: Verschiedene Arten der Gerichts-
besetzung (Einzelrichter, Gerichtskollegien und zusammengesetzte Gerichte;
Berufsjuristen, Laien, gemischte Gerichte; Gerichte erster und höherer
Instanz; ordentl. und besondere Gerichte). 3. Abschnitt: Rechtl. Stellung
der Gerichte und der Berufsrichter (Staatlichkeit, Ständigkeit, Zuständig.
keit, Unabhängigkeit).
Einleitung.
Es ist heutzutage üblich geworden, den Prozeß einschließlich
der Gerichtsverfassung nicht einheitlich zu regeln und zu lehren,
sondern getrennt je nach seiner Anwendung auf Zivil-, Straf- oder
Verwaltungsstreitsachen. Das hat seine inneren und äußerlichen
Gründe, und zwar zunächst in der Verschiedenheit der Ausbildung
und Ausgestaltung und der Zwecke der einzelnen Prozeßzweige,
sodann in der modernen scharfen Grenzziehung zwischen Zivil-,
Straf- und Staatsrecht, die auch das zur Durchführung des materiellen
Rechts geschaffene formelle oder Prozeßrecht scheidet. Die ver-
schiedenen Verfahrensarten sind aber alle einem Stamme ent-
wachsen; es gab eine Zeit, der die heutige Spaltung des Rechts-
gangs in Zivil-, Straf-, Verwaltungsprozeß und Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit fremd war. Trotz dieser im Laufe
der geschichtlichen Entwicklung entstandenen Spaltung und der
schon betonten Verschiedenheit der Prozeßzwecke im einzelnen,