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organ, während sachlich die vom Vorsitz abgezweigte Funktion
des „Verhandlungsführers* überwiegt.
3. Nur gewisse äußerlich-formelle (wie Terminsbestimmung)
oder besonders dringliche Geschäfte sind dem Vorsitzenden allein
übertragen.
Jede der beiden Arten der Gerichtsbesetzung hat ihre Vor-
züge und Schwächen: Dem Vorteil energischerer, rascherer,
einfacherer, billigerer, auch in der gütlichen Beilegung von Streitig-
keiten erfolgreicherer Arbeit des bei seinem naturgemäß kleineren
Wirkungskreise mit den Verhältnissen seines (örtlichen, sachlichen
oder persönlichen) Bezirks vertrauteren Einzelrichters steht,
da dieser auf sich angewiesen der Kontrolle und Belehrung der
Amtsgenossen entbehrt, trotz erhöhten persönlichen Verantwort-
lichkeitsgefühls die Gefahr einseitiger, willkürlicher Sachbehand-
lung und leichteren (tatsächlichen oder rechtlichen) Irrtums, Miß-
verständnisses und Mißgriffs gegenüber. Bei der Möglichkeit ge-
meinsamer Aussprache und Beratung, gegenseitiger Berichtigung,
Belehrung und Unterstützung, wechselseitiger Ergänzung und Aus-
gleichung im Kollegium?, das auch gegenüber äußeren Beeinflus-
sungen widerstandsfähiger ist als der einzelne, ist diese Gefahr
sowie die Schädlichkeit eines zu seinem Amte weniger Tauglichen
geringer, die Gewähr für eine vorurteilsfreie, unparteiische Be-
handlung, eine allseitige, sachliche und erschöpfende Würdigung,
eine ruhige, gründliche Erwägung aller in Betracht kommenden
Verhältnisse, eine objektive und gerechte Entscheidung und eine
stetige, gleichmäßige Rechtsprechung — vorausgesetzt, daß
alle Mitglieder des Kollegiums ihre Pflicht tun und dies nicht dem
Referenten allein überlassen * — sowie das auf einem zutreffen-
den Instinkt beruhende Vertrauen des Volkes und die Autorität
des Gerichts und seiner Entscheidung unter gewöhnlichen Um-
$ Vgl. KıscH, Unsere Gerichte usw. S. 18, 134.
* Dann bedarf es auch nicht der von Kısca a. a. O, S. 137 für alle
Zivilsachen vorgeschlagenen Aufstellung von 2 Berichterstattern.