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mehr oder minder abhängige Staatsbeamtentum überhaupt. Die
Zuziehung nichtbeamteter, von der Staatsgewalt völlig unabhängiger
Richter oder (was hier gleichbedeutend ist, da rechtsgelehrte Nicht-
beamte bei uns nicht in hierfür genügender Zahl vorhanden sind)
Laien popularisiert die Rechtspflege, deren Volkstümlichkeit eines
der höchsten rechtspolitischen Ziele bedeutet; sie wirkt nicht nur
erzieherisch auf die Laienriehter selbst, die ihren juristischen und
staatsbürgerlichen Gesichtskreis erweitern und die erworbenen Kennt-
nisse ın ihren Kreisen verbreiten, sondern sichert und mehrt vor
allem das Vertrauen des Volkes zu den staatlichen Gerichten und
bietet eine gewisse Sicherheit gegen oberflächliches oder schablonen-
haftes Verhandeln und gegen Entscheidungen, die dem Empfinden
der Allgemeinheit widerstreiten und zur Entfremdung zwischen
Volk und Gericht beitragen; namentlich bei Strafurteilen, die
jedem klar Denkenden und gesund Empfindenden faßbar sein sollten,
kommt es weniger auf ihre Richtigkeit nach den Regeln juristisch-
wissenschaftlicher Auslegung als darauf an, daß sie im Einklang
mit dem von offiziellen Anschauungen und doktrinären Gesichtspunk-
ten nicht beeinflußten Rechtsbewußtsein und Taturteil des Volkes
stehen und dem gesunden Laienverstand als richtig einleuchten.
In vielen Fällen mag auch ein Nichtjurist mit nüchternem, ge-
sundem Verstand, ruhigem Blick, praktischem Sinn und hin-
reichender Lebenserfahrung in der Beurteilung von Tatsachen und
einfachen Rechtsfragen durch seine natürlichere und frischere Auf-
fassung eines Lebensvorganges eher das Richtige finden als ein
junger, unerfahrener Anfänger im Richteramt oder ein einseitiger,
verknöcherter, durch den amtlichen Betrieb abgestumpfter Akten-
Jurist und Bureaukrat, der nichts kennt als seine toten Paragraphen,
seine Formulare und die vorgeschriebene oder traditionell gewor-
dene formelle Aktenbehandlung. In manchen Fällen haben Laien
auf Grund ihres besonderen Berufs eine brauchbare praktische
Erfahrung in geschäftlichen Dingen und Gebräuchen, m. a. W.
eine fachmännische Sachkenntnis, die der Richter, um sie für die