—_— 3 —
sein Ressort selbständig und ist dafür dem Reichstage verant-
wortlich. So bestimmt es Artikel 56 Satz 2:
Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Reichsminister den ihm an-
vertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung
gegenüber dem Reichstag.
Es besteht nicht der Grundsatz der Kollektivverantwortlichkeit.
Das Mittel, mit dem der Reichsminister des Aeußeren seine Auf-
gaben versieht, ist das Auswärtige Amt, heute eine reine
Reichsbehörde, nicht mehr zugleich Preußisches Ministerium d. Ae.
Es ist gleichsam ein Instrument in der Hand des Ministers zur
Wahrnehmung der auswärtigen Interessen des Reiches. Sein
Tätigkeitsfeld ist doppelt gegliedert: es umfaßt einerseits die aus-
wärtige Politik im technischen Sinne, und zwar sowohl die soge-
nannte „große Politik“, die nach HÄNEL „in steter Abwägung
der gegenseitigen Machtverhältnisse den Einfluß des Staates auf
die Entwicklung der Völkergemeinschaft in ibren friedlichen und
freundlichen, neutralen und feindlichen Beziehungen zur Geltung
bringt und begrenzt“, als auch die „niedere Politik“, wenn der
Ausdruck erlaubt ist, die sich auf diejenigen politischen Ange-
legenheiten bezieht, in denen die Staaten einander weniger als
„Mächte“ gegenüberstehen, die aber doch nebenher einen politi-
schen Charakter haben. Die Grenze zwischen beiden Gebieten ist
flüssig. Andererseits umfaßt das Tätigkeitsfeld des Auswärtigen
Amtes die Angelegenheiten, „bei denen es nur eine Vermittler-
rolle spielt. In letzterer Beziehung ist das Auswärtige Amt
gleichsam der Kanal, den der ganze dienstlicher Behandlung be-
dürftige Verkehr zwischen den Auslandsstaaten und ihren Ange-
hörigen einerseits und dem Deutschen Reich und seinen Ange-
hörigen andererseits zu durchlaufen hat, und alle diese Angelegen-
heiten können nur im Benehmen mit den verschiedenen Behörden
der inländischen Fachverwaltung ihre Regelung finden“ ®”. Nach
3° v. GRIESINGER, Gesandter z. D., „Aufbau, Umbau und Abbau des
Auswärtigen Amtes“ in „Deutsche Revue“, 47. Jahrg., Müärzheft 1922.