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Nr. 292.
Gesetz, betreffend den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege, vom 28. Mai 1894.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Zaiser, Nönig von Hreußen 2c.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
S. 1.
Die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen das Recht, Tauben zu halten, beschränkt ist, und
nach welchen im Freien betroffene Tauben der freien Zueignung oder der Tödtung unterliegen, finden auf
Militärbrieftauben keine Anwendung. 4
Dasselbe gilt von landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Tauben, die in ein fremdes Tauben-
haus übergehen, dem Eigenthümer des letzteren gehören.
8. 2.
Insoweit auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen Sperrzeiten für den Taubenflug bestehen, finden
dieselben auf die Reiseflüge der Militärbrieftauben keine Anwendung. Die Sperrzeiten dürfen für Militär-
brieftauben nur einen zusammenhängenden Zeitraum von höchstens je zehn Tagen im Frühjahr und Herbst
wasse Sind längere als zehntägige Sperrzeiten eingeführt, so gelten für Militärbrieftauben immer nur
die ersten zehn Tage.
Als Militärbrieftauben im Sinne dieses Gesetzes gelten Brieftauben, welche der Militär-(Marine-)
Verwaltung gehören oder derselben gemäß den von ihr erlassenen Vorschriften zur Verfügung gestellt und
welche mit dem vorgeschriebenen Stempel versehen sind. "
Privatpersonen gehörige Militärbrieftauben genießen den Schutz dieses Gesetzes erst dann, wenn in
ortsüblicher Weise bekannt gemacht worden ist, daß der Züchter seine Tauben der Militärverwaltung zur
Verfügung gestellt hat.
Für den Fall eines Krieges kann durch Kaiserliche Verordnung bestimmt werden, daß alle gesetzlichen
Vorschriften, welche das Tödten und Einfangen fremder Tauben gestatten, für das Reichsgebiet oder einzelne
Theile desselben außer Kraft treten, sowie daß die Verwendung von Tauben zur Beförderung von Nachrichten
ohne Genehmigung der Militärbehörde mit Gefängniß bis zu drei Monaten zu bestrafen ist.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais den 28. Mai 1894.
(L. S) Wilhelm.
Graf v. Caprivi.
Der Bundesrath hat in seiner Sisang vom 8. November 1894 nachstehende
Ausführungsbestimmungen
zu diesem Gesetze beschlossen: 4
1. Als Stempel zur Bezeichnung der Militärbrieftauben, ohne Unterschied ob
sie der Militär-(Marine-) Verwaltung oder Privatpersonen gehören, dient
das Kaiserliche Wappen in beistehender Form und Größe. Der Stempel
wird auf die Innenseite beider Füzel aufgedrückt.
2. Jede Privatperson, welche Milflärbrieftauben halten will, muß Mitglied
eines Vereins sein, der dem Verbande deutscher Brieftauben-Liebhaber-Vereine
angehört und statutengemäß seine Brieftauben der Militär-(Marine-)
Verwaltung zur Verfügung stellt.
Jeder Verein erhäit zur Abstempelung der seinen Mitgliedern gehörigen
Militärbrieftauben einen Stempel, der von dem zuständigen Kriegsministerium
(Reichs-Marineamt) beschafft wird und dessen Eigenthum bleidt.
Die Orts-Polizeibehörden erhalten alljährlich im Laufe des Dezember durch
die vorgesetzten Verwaltungsbehörden — denen das zuständige Kriegs-
ministerium die erforderlichen Unterlagen zukommen läßt — Verzeich=
nisse der in ihrem Bezirke befindlichen Brieftauben-Liebhaber-Vereine
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