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Drohung, aber durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder Androhung eines be-
stimmten Mißbrauches derselben begangen ist. Dies würde vorliegen, wenn ein
Beamter Concessionsentziehung, Steuerheraufsetzung oder wenn ein Vorgesetzter
dienstliche Nachtheile, Nichtberücksichtigung bei Beförderungen oder Geldzulagen an-
droht. Das Verbreiten von Lügen, Beeinflussungen der Wahlfreiheit durch Ver-
sprechungen oder durch Inaussichtstellung wirthschaftlicher Nachtheile, z. B. durch
Kündigung, Arbeitsentlassung oder Arbeitsniederlegung, find nicht strafbar. Wie
weit der Reichstag darin eine Verletzung der Wahlfreiheit erblicken und eine
etwa dadurch herbeigeführte Wahl als gültig anerkennen will, steht bei ihm.
Geistliche find nicht Beamte, fallen also nicht unter die Strafvorschrift des § 339,
Absatz 3. Wenn indeß Geistliche denjenigen, welche im gewissen Sinne wählen,
geistliche Nachtheile, Versagung des Abendmahls, ewige Verdammniß androhen, so
hat der Reichstag hierin zwar keine strafbare, wohl aber eine unzulässige Wahl-
beeinflussung gefunden und hat demgemäß die Ungültigkeit der Reichstagswahl aus-
gesprochen (vgl. hierzu Seydel, in Hirth's Annalen 1881, S. 389, Anm. 1).
Die gleiche Praxis befolgt der Reichstag, wenn Landräthe auch ohne Mißbrauch ihrer
Amtsgewalt, aber in Betonung derselben, z. B. unter Nennung ihres Amtscharakters,
Wahlaufrufe unterzeichnen, oder wenn sie überhaupt Wahlagitation betreiben, oder
wenn Gensdarmen Wahlzettel vertreiben.
Die Wahlfreiheit wird ferner geschützt durch die Vorschrift in § 109 des
Strafgesetzbuches:
„Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder
verkauft, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren be-
straft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.“
Der Kauf der Wahlstimmen kann durch Jeden, nicht bloß durch den Candidaten
erfolgen. Verkaufen im Sinne des § 109 kann nur der Wahlberechtigte selbst die
Stimme. Zum Kauf= oder Verkaufgeschäfte ist ein beiderfseitiges Uebereinkommen
nothwendig, dahin gehend, daß Jemand sich verpflichtet, gegen Entgelt in einem
bestimmten Sinne zu stimmen. Es genügt nicht, daß der Wahlberechtigte den an-
gebotenen Entgelt nur stillschweigend in dem Bewußtsein annimmt, daß er dadurch
veranlaßt werden soll, seine Stimme in einem gewissen Sinne abzugeben. Der
Charakter des Kaufgeschäfts wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Entgelt
nicht in barem Gelde, sondern in anderen Werthgegenständen gewährt wird. Auch
ist es strafrechtlich gleichgültig, ob der Wahlberechtigte ohne das Uebereinkommen
ebenso oder anders gestimmt haben würde. Die Enthaltung von der Wahl gegen
Entgelt ist nicht strafbar.
§ 20. Die Rechte des deutschen Reichstages ½.
Berufung.
Der Abgeordnete gilt als solcher, wenn er dem Wahlkommissar erklärt hat,
daß er die auf ihn gefallene Wahl als Reichstagsmitglied annehme. Gleichwohl.
dürfen die gewählten Abgeordneten sich nicht von selbst versammeln. Denn nach
Artikel 12 der Reichsverfassung gehört es zu den Befugnissen des Kaisers, den
Neichstag zu berufen, zu eröffnen, zu vertagen und zu schließen. Der Kaiser be-
ruft, eröffnet, vertagt und schließt den Reichstag im Namen des Reiches, und zwar
im Namen des Souveräns im Reiche, also im Namen der verbündeten Regierungen;
vergl. auch Hirth's Annalen Bd. IV, S. 317, Bd. V, S. 1045. Der Kaiser
1 Alle Vorschriften, welche die Deutsche Reichs= urkunde über das preußische Abgeordnetenhaus
verfassung über Berufung, Vertagung,Schliebung enthält, weshalb mit Recht das preußische
u#.# . w. des Reichstages, über die Rechte und Staatsrecht zur Auslegung der Reichsverfassung
Immunitäten der Reichstagsmitglieder hat, find herangezogen werden kann (s. auch Laband,
mehr oder weniger wörtlich den Vorschriften I, S. 253 f.).
entnommen, welche die Preußische Verfassungs-
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 9