Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

218 Fünses Buch. Die Verwaltung des Junern. 
ferner Krankenpflege!, mit Einschluß der Kosten für (nöthige) künstliche Glied- 
maßen 7. Zur Krankenpflege find zu rechnen eine Krätzkur, die Reinigung des 
Bedürftigen von Ungeziefer", die Kur und Pflege von Geisteskranken, Geistes- 
schwachen, Blinden, Taubstummen in Anstalten, falls diese nicht lediglich ein 
bloßer Act der (Sicherheits- )Polizeiverwaltung find" oder zum Zwecke der Er- 
ziehung und Ausbildung erfolgen, ferner die ärztliche Untersuchung und Atteste, 
deren es bedarf, um die Aufnahme eines Bedürftigen in eine Irrenheilanstalt zu 
erlangen, die nothwendigen Wartungs= und Verpflegungskosten bei einem Geistes- 
kranken auch außerhalb der Irrenanstalt, die Beschaffung der in einer solchen 
Anstalt reglementsmäßig vorgeschriebenen Kleidung, die Kur und Pflege der an 
ansteckenden Krankheiten, besonders an Syphilis, leidenden Personen, falls diese 
nicht lediglich aus sanitätspolizeilichen Gründen erfolgen 7, der nothwendige 
Transport eines Kranken in ein Krankenhaus u. s. w. Sodann umfaßt die 
Armenlast die Gewährung eines angemessenen Begräbnisses (Waschen der 
Leiche, Leichenhemd, Grabstelle, nicht dagegen Glockenläuten, noch Nachtwache, noch 
die Desinfection der Krankenstube, noch Reinigung des Bettes, noch Gebühren für 
geistliche Amtshandlungen 2). Schulgeld und Schulbücher gehören in Preußen 
nicht, dagegen in Sachsen zur Armenpflege ?7. 
Während die endgültige Armenlast dem Armenverbande des Unterstützungs- 
wohnsitzes obliegt, muß sie vorläufig — und vorbehaltlich des Rückgriffs an 
den endgültig verpflichteten Armenverband — von dem Armenverbande gewährt 
werden, in welchem der Bedürftigkeitsfall thatsächlich eingetreten ist (§ 28). Die 
vorläufige Armenlast ist zugleich die endgültige, d. h. ein Rückgriff gegen den 
Armenverband des Unterstützungswohnsitzes ist ausgeschlossen, wenn Personen, welche 
gegen Lohn oder Gehalt in einem Dienst= oder Arbeitsverhältniß — nicht bloß 
vorübergehend — stehen, oder wenn Lehrlinge am Dienst= oder Arbeitsorte erkranken. 
Der Rückgriff besteht in diesen Fällen nur, wenn die Krankenpflege länger als 
13 Wochen fortgesetzt wurde und nur für den über diese Frist hinausgehenden 
Feibtaum. Schwangerschaft an sich ist nicht als Krankheit in diesem Sinne anzusehen 
29). 
Der Hülfsbedürftige kann seinen Anspruch auf Unterstützung gegen den Armen- 
verband nicht im Wege des ordentlichen Rechtsweges geltend machen. In Preußen 
steht ihm die Beschwerde an den Kreis= oder Bezirksausschuß zu. Die Fürforge 
für den Armen ruht auf den Armenverbänden, deren Organisation im Wesentlichen 
auf Landesrecht beruht. Darnach werden gewöhnlich unterschieden: 1) Orts- 
armenverbände, die aus einer oder mehreren Ortsgemeinden oder Gutsbezirken 
bestehen, 2) Gesammtarmenverbände, welche Complexe von Gemeinden um- 
fassen, und 83) Landarmenverbände (in Preußen meist mit den Provinzen 
zusammenfallend), welche eintreten, wenn ein Ortsarmenverband nicht vorhanden 
oder der vorhandene unvermögend ist. 
Streitigkeiten der Armenverbände werden, wenn dieselben verschiedenen Bundes- 
staaten angehören, in letzter Instanz und endgültig durch das Bundesamt für 
das Heimathwesen in Berlin entschieden, eine ständige und collegiale Behörde, 
die aus einem Vorsitzenden und mindestens vier Mitgliedern bestehen soll, und 
  
Ad 40. des Bundesamts, Bd. XXII, *Entsch. Bd. l, E. 50. 55 XIX, S. 84. 
S. * Be. XXVI, S. 87; s. auch Bd. II, S. 54 7 BVgl. Entsch. Bd. I, S. 25, Bd. II. S. 80, 
und Dd. IX, S. 44. Bd. ulsch i . . BdK. V, S. 58, 
2 Entsch. des Bundesamts, Bd. II. S. 6, Bd. XlI, S. 52,. Bd. XV, S. 88, Bd. XVII, 
Bd. VII, S. 53, Bd. XIII, S. 102; als nicht S. 93, Bd. XX, S. 103 a a. O. und anderer- 
nothig git d, eee ein künstliches (Glas- Auge. seits Bd. IV, S. 87, Bd. V, S. 55, Bd. VIII, 
undesamts, Bd. II, S. 84; s. S. 76, 83, 84, Bd. XI, S. ö9, 71 p.74, Bd. XII, 
nl“urr 4 M KS. S e. S. 53. W. XIV, S. 14 u. a. O. 
4 Entsch. des Bundesamts, Bd. X, S. 110, Entsch. Bd. XIII„ S. 103, Bd. X, 
Bd XXVI, S. 88 a. a. O. S. * d. XVIII, S. 64, Bd. E a. a. O. 
Lar Enisch ch., Bd. V, S. 54, Bd. VI, S. 35, 1 Entsch. Dd. 1I, S. i, Bd. II, S. 3, Bd. XV, 
e leW. 
S. 60 Ba. XIK, S. 83, Bd. XXVI, S. 78 f. 
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