Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

6 30. Bom Gewerbewesen u. s. w. 233 
Pausen gewährt werden. Für jugendliche Arbeiter, deren Arbeitszeit nur sechs Stunden 
täglich beträgt, müssen mindestens zwei Pausen von je einer halben Stunde gewährt 
werden 1. Den übrigen jugendlichen Arbeitern muß mindestens Mittags eine ein- 
stündige, sowie Vormittags und Nachmittags eine halbstündige Pause (während der 
Arbeitszeit) gewährt werden (§ 136, Abs. 1). An Sonn= und Festtagen, sowie 
während der von dem ordentlichen Seelsorger für den Catechumen= und Confir- 
manden-, Beicht= und Communionunterricht bestimmten Stunden dürfen jugend- 
liche Arbeiter nicht beschäftigt werden (§ 136, Abf. 8). 
Arbeiterinnen dürfen in Fabriken nicht in der Nachtzeit von 8/8 Uhr Abends 
bis 5½/ Uhr Morgens und am Sonnabend, sowie an Vorabenden der Festtage 
nicht nach 5⅛ Uhr Nachmittags beschäftigt werden (§ 137, Abs. 1). Die Be- 
schäftigung von Arbeiterinnen über sechzehn Jahren darf die Dauer von elf Stunden 
täglich, an den Vorabenden der Sonn= und Festtage von 10 Stunden, nicht über- 
schreiten (§ 137, Abs. 2). Zwischen den Arbeitsstunden muß den Arbeiterinnen 
eine mindestens einstündige Mittagspause gewährt werden (§ 137, Abf. 3). 
Wöchnerinnen dürfen während vier Wochen nach ihrer Niederkunft überhaupt nicht 
und während der folgenden zwei Wochen nur beschäftigt werden, wenn das Zeugniß 
eines approbirten Arztes dies für zulässig erklärt (§ 137, Abs. 5). Wegen außer- 
gewöhnlicher Häufung der Arbeit kann die Beschäftigung von Arbeiterinnen über 
sechzehn Jahren bis 10 Uhr Abends außer Sonnabends unter der Voraussetzung 
giieter Jwede daß die tägliche Arbeitszeit 13 Stunden nicht überschreitet 
(5 138 a). 
Wenn Natureignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Betrieb einer Fabrik 
unterbrochen haben, so können Ausnahmen von den in § 135, Abs. 2 und 3, 136, 
137 Abs. 1 bis 3 vorgesehenen Beschränkungen zugelassen werden (8§ 139, Abs. 1 
und 3). Auch können, wenn die Natur des Betriebes oder Rücksichten auf die 
Arbeiter es erwünscht erscheinen lassen, die Pausen (durch die Verwaltungsbehörden, 
bezw. den Reichskanzler) anderweitig geregelt werden (§ 139, Abs. 2 und 3). 
Sehr weitgehende Ermächtigungen sind in § 139 a dem Bundesrath ertheilt. 
Er kann 1) die Verwendung von Arbeiterinnen, sowie von jugendlichen Arbeitern 
für gewisse Fabrikationszweige, welche mit besonderen Gefahren für Gesundheit 
oder Sittlichkeit verbunden find, gänzlich untersagen oder von besonderen Be- 
dingungen abhängig machen. Von dieser Ermächtigung hat er Gebrauch gemacht 
bei der Anfertigung von Präservativs in Gummiwaarenfabriken (R.-G.-Bl. 1888, 
S. 219), bei der Beschäftigung in Glashütten (R.-G.-Bl. 1892, S. 317), in 
Drahtziehereien mit Wasserbetrieb (R.-G.-Bl. 1892, S. 324, Ziff. 1), in Cichorien- 
sabriken (R.-G.-Bl. 1892, S. 327), auf Steinkohlenbergwerken, Zink= und Bleierz- 
bergwerken und auf Kokereien im Regierungsbezirk Oppeln (R.-G.-Bl. 1892, 
S. 331, Ziff. 1), in Rohzuckerfabriken und Zuckerraffinerien (R.-G.-Bl. 1892, 
S. 334, Ziff. 1 und 2), in Hechelräumen u. dgl. (R.-G.-Bl. 1892, S. 604). Der 
Bundesrath kann aber auch 2) Ausnahmen von den in 8§§ 135, Abs. 2 und 3, 
136, 137, Abs. 1 bis 3 gewähren; er kann 3) für gewisse Fabrikationszweige die 
Abkürzung oder den Wegfall der für jugendliche Arbeiter vorgeschriebenen Pausen 
gzestatten und 4) Ausnahmen von den Bestimmungen des § 137, Abs. 1 und 2 
mit der Maßgabe zulassen, daß die tägliche Arbeitszeit 18 Stunden, am Sonn- 
abend 10 Stunden nicht übersteigt. 
Gewerbeaufsicht. 
Die Aufficht über die Ausführung der Bestimmungen der §§ 105a, 105b 
Abs. 1, 105c bis 105h (Sonntagsarbeit in Fabriken), 120 a bis 120e, 134 bis 
139a (Arbeitsordnungen und Beschäftigung jugendlicher und weiblicher Arbeiter) 
ist ausschließlich oder neben den ordentlichen Polizeibehörden besonderen (Landes.) 
Beamten übertragen, welche Jahresberichte über ihre amtliche Thätigkeit zu 
— — 
Entsch. des Reichsger. in Strafs., Bd. XVI, S. 267.
	        
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