Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

z 32. Bom Maaß-, Gewichts-, Münz= und Bankwesen. 258 
haben, wenn sie zur Verabreichung von Wein, Obstwein, Most oder Bier in Gast- 
oder Schankwirthschaften dienen sollen. Auf den Gefäßen muß der Sollinhalt nach 
dem Litermaaß angegeben sein, wenn es sich nicht um Liter= oder noch kleinere Ge- 
fäße handelt. Im Verkehr der Gast= und Schankwirthschaften find nur Gefäße des 
Litersystems gestattet. Die Gast= und Schankwirthe müssen amtlich beglaubigte 
Flüssigkeitsmaaße zur Prüfung ihrer Gefäße jederzeit bereit halten. Dies ist im 
Gesetze, betreffend die Bezeichnung des Raumgehaltes der Schankgefäße, vom 20. Juli 
1881 (R.-G.-Bl. 1881, S. 249) vorgeschrieben. Zuwiderhandlungen gegen dieses 
Gesetz find mit Strafe und Einziehung der vorschriftswidrigen Gefäße bedroht. 
Nach § 369, Nr. 2 des Reichsstrafgesetzbuches sind Gewerbetreibende strafbar, 
bei denen zum Gebrauche in ihrem Gewerbe nicht geeignete, mit dem gesetzlichen 
TAichungsstempel nicht versehene oder unrichtige Maaße, Gewichte oder Waagen vor- 
gefunden werden, oder welche sich einer anderen Verletzung der Vorschriften über die 
Maaß= und Gewichtspolizei schuldig machen. Daneben ist auf die Einziehung der 
vorschriftswidrigen Meßwerkzeuge zu erkennen. 
Nach dem Gesetze über den Feingehalt der Gold= und Silberwaaren 
vom 16. Juli 1884 (R.-G.-Bl. 1884, S. 120) müssen diese Waaren mit einer 
vorschriftsmäßigen Angabe des Feingehalts versehen sein, widrigenfalls Bestrafung 
und Vernichtung der gesetzwidrigen Bezeichnung erfolgen. 
Ebenso dürfen bei der gewerbsmäßigen Abgabe elektrischer Kraft Meßwerkzeuge, 
sofern sie nach den Lieferungsbedingungen zur Bestimmung der Vergütung dienen 
sollen, nur verwendet werden, wenn ihre Angaben auf den gesetzlichen Einheiten 
beruhen. Ueber die amtliche Beglaubigung und Revision der Meßwerkzeuge kann 
der Bundesrath Vorschriften treffen (§ 6 des Gesetzes vom 1. Juni 1898). Wer 
bei der gewerbsmäßigen Abgabe elektrischer Arbeit den oben erwähnten gesetzlichen 
oder den gemäß derselben erlassenen Bundesrathsvorschriften zuwiderhandelt, ist 
strafbar. Neben der Strafe kann auf Einziehung der vorschriftswidrigen oder un- 
richtigen Meßwerkzeuge erkannt werden (§ 12 das.). Doch treten diese Vorschriften 
(§§ 6 und 12) erst mit dem 1. Januar 1902 in Kraft. 
Die Herstellung der Maaße und Gewichte ist der Privatthätigkeit überlassen. 
Die Prüfung und Beglaubigung erfolgt durch die staatlichen Behörden, die der 
elektrischen Meßgeräthe durch die phyfikalisch-technische Reichsanstalt. Der Reichs- 
kanzler kann die Befugniß hierzu auch anderen Stellen übertragen. Alle zur Aus- 
führung der amtlichen Prüfung elektrischer Meßgeräthe benutzten Normale und 
Normalgeräthe müssen durch die physikalisch-technische Reichsanstalt 
beglaubigt sein (Gesetz vom 1. Juni 1898). 
Abgesehen von den elektrischen Meßgeräthen erfolgen Aichung, Stempelung 
und Revision durch die Aichungsämter, welche einzelstaatliche oder Gemeinde-, nicht 
Reichsbehörden sind und unter der Normal-Aichungskommission in Berlin 
(einer Reichsbehörde) stehen (Art. 16, 17, 18 der Maaß= und Gewichtsordnung). 
Die Normal-Aichungskommission untersteht dem Reichsamte des Innern und hat 
alle die technische Seite des Aichungswesens betreffenden Gegenstände zu regeln. 
Sie hat die näheren Vorschriften über die Maaße, Gewichte, Waagen und Meß- 
werkzeuge zu erlassen und die Gebühren für die Aichung festzustellen. Sie ist mit 
der Beglaubigung der Geräthe zur steueramtlichen Prüfung des Branntweins be- 
traut. Sie besteht aus ordentlichen Mitgliedern, welche Reichsbeamte find, und 
beigeordneten Mitgliedern, welche vom Reichskanzler auf jedesmal fünf Jahre er- 
nannt werden. Maaße, Gewichte und Meßwerkzeuge, welche von einer Aichungs- 
stelle des Reichsgebietes geaicht und mit dem vorschriftsmäßigen Stempelzeichen 
beglaubigt find, dürfen im ganzen Reichsgebiete im öffentlichen Verkehre angewendet 
werden (Art. 20 der Maaß= und Gewichtsordnung). 
Nach dem Gesetze vom 26. November 1871 (R.-G.-Bl. 1871, S. 897) finden 
die organisatorischen Bestimmungen der Maaß= und Gewichtsordnung (Art. 15—20) 
auf Bayern nicht Anwendung. Demgemäß erstrecken sich die Befugnisse der 
Normal-Aichungskommission nicht auf Bayern und werden dort von der Königlich 
bayerischen Normal-Aichungskommission wahrgenommen. Indessen hat diese die 
von ihr anzuwendenden Normale von der Normal-Aichungskommission des Reiches 
zu beziehen, sowie alle das Aichungswesen betreffenden technischen Fragen, ins-
	        
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