Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 5. Bon 1848 bis 1850. 28 
hinstellt (§ 80) — allerdings mit nur sogenanntem suspenfiven Veto (§ 196) —, 
daß sie auch ferner dem Kaiser die vollziehende Gewalt und die Befugniß zum 
Erlasse von Ausführungsverordnungen beilegt (§ 80), während nach der jetzigen 
RKeichsverfassung ihm dies nur ausnahmsweise und nur kraft besonderer Vorschrift 
in Einzelfällen zusteht. Insoweit greift die Verfassung vom 28. März 1848 viel 
tiefer in die Competenz der Einzelstaaten ein, als fie in ihren der Verfassung ein- 
verleibten Grundrechten die Befugnisse der Landesregierungen ganz erheblich be- 
schränkt, serner insoweit sie der Reichsgewalt die Befugniß beilegt, darauf zu halten, 
daß die Einzelstaaten diese Grundrechte beobachten (§§ 55, 56), endlich insoweit 
a kn: Vorschriften über Art und Inhalt der Landesverfassungen giebt 
6s 186 fl.. 
Die Kaiserkrone wurde König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 
nur zugleich mit der unveränderten Reichsverfassung durch eine von der National= 
versammlung abgesandte Deputation am 3. April 1849 zur Annahme gestellt. Der 
König lehnte am 3. April vorläufig und am 28. April definitiv ab. 29 meist 
kleinere Staaten, insbesondere weder Oesterreich, noch Bayern, Sachsen und 
Hannover, hatten die Beschlüsse der Nationalversammlung und die Verfassung un- 
bedingt anerkannt. Darauf publicirte die Nationalversammlung, ohne Hinzutritt des 
Reichsverwesers, am 28. April die Verfassung im Reichsgesetzblatt als vermeintlich 
auch ohne Genehmigung der Regierungen gültig. Diese Handlung war ein 
revolutionärer Act. Denn die Souveränetät stand noch bei den Regierungen, 
die niemals und in keiner Weise der Nationalversammlung die Befugniß beigelegt 
hatten, eine Verfassung zu „geben“, auch niemals den Beschluß vom 27. Mai 1848 
anerkannt hatten. Sie war ferner ein Fehler, da dieser sog. verfassunggebenden Versamm- 
lungso wenig die thatsächliche wie die rechtliche Gewalt zur Seite stand 1. Oesterreich, 
Preußen, Hannover, Bayern, Sachsen u. a. riefen ihre Abgeordneten aus der National- 
versammlung zurück, der Reichsverweser, Erzherzog Johann, trat ihr feindlich gegen- 
über, so daß sie sich im Laufe des Monats Mai auflöste, bis auf einen Rest von 
105 Mitgliedern, der als sogenanntes Rumpfparlament unter dem Präfidenten 
Dr. Löwe-Calbe nach Stuttgart überfiedelte, wo er am 18. Juni mit 
Waffengewalt auseinandergesprengt wurde. Nach Publication der Reichsverfassung, 
die auch die zweite Kammer in Preußen als ohne Zustimmung der Regierungen 
gültig erklärt hatte?, entstanden (meist nur vorgeblich) zur Durchführung der 
Reichsverfassung blutige Volksaufstände, namentlich in Sachsen, am Rhein und in 
Baden, wo fast das ganze Heer zu den Aufständischen übertrat, welche durch 
Waffengewalt (und zwar meist durch preußische Truppen, in Baden unter Führung 
des nachmaligen Königs Wilhelm von Preußen) niedergeworfen wurden. 
Am 26. Mai 1849 schloß Preußen mit Hannover und Sachsen das sog. 
Dreikönigsbündniß's unter Anerkennung der Oberleitung Preußens und 
Einsezung eines sog. Verwaltungsrathes in Berlin und forderte die 
übrigen deutschen Regierungen außer Oesterreich auf, sich der von diesen drei 
Staaten vereinbarten Verfassung anzuschließen. Der König von Preußen sollte 
„Reichs vorstand“ sein und die Regierung in Gemeinschaft mit einem 
„Fürstenrathe“ führen, in dem er zwar nur eine Stimme, aber das Veto und 
die Executive haben sollte. Neben dem Reichsvorstande sollten ein Staatenhaus 
und ein Volkshaus, letzteres aus Wahlen mit einem gewissen Census, bestehen. 
Nachdem die Mehrzahl der deutschen Fürsten und Städte dem Dreikönigsbündnisse 
beigetreten waren, fanden auf Grund eines Beschlusses des „Verwaltungsrathes“ 
am 31. Januar 1850 die Wahlen zu einem Nationalparlamente statt, das am 
20. März 1850 in Erfurt zusammentrat (Präsident Dr. Simson, Mitglied der 
spätere Reichskanzler Fürst Bismarck), die Vorlagen der Regierungen annahm 
  
  
1 Bereits am 13. December 1848 schrieb gleichen, die sie vergeben werden —.“ 
König Friedrich Wilhelm lV. an den : Arndt, Preuß. Verf.-Urk., 4. Aufl., S. 19, 
Göckandien von Bunsen: „Soll die tausend. Anm. 1. 
lährige Krone deutscher Nation wieder einmal ? Weil, Ouellen und Actenstücke, S. 171 ff. 
vergeben werden, so bin Ich es und Meines-
	        
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