348 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Bekanntmachung vom 1. Juli 1869 (Reg.-Bl. 1869, S. 529), in Baden durch
Verordnung vom 29. Juli 1869 (Reg.-Bl. 1869, S. 257) und in Elsaß-Lothringen
zufolge Gesetz vom 17. Juli 1871 (R.--G.-Bl. 1871, S. 325). Landesgesetzliche
Aemerunzen dieses Gesetzes waren und find nach Artikel 35 der Reichsverfassung
unzulässig.
Der Eingangszoll wurde in § 2 festgesetzt: für den Centner ausländischen
1) raffinirten Zuckers aller Art, sowie solchen Rohzuckers, der mindestens dem
holländischen Standart Nr. 19 entspricht, 5 Thlr.; 2) für anderen Rohzucker und
Zuckerauflösungen 4 Thlr., 3) für Syrup 2 Thlr. 15 Sgr., während Melasse,
unter Controle zur Branntweinbereitung verwendet, zollfrei bleibt. Diese Vor-
schriften blieben durch den Zolltarif vom 15. Juli 1879 (R.-G.-Bl. 1879, S. 212),
Nr. 25 u und zx aufrechterhalten. In der Unterstellung, daß, um einen Centner
Rohzucker zu erzeugen, 12½ Centner Rüben, also 10 Mark Steuer, nothwendig
wären, bestimmte § 3 des Gesetzes vom 26. Juni 1869, daß bei der Ausfuhr
von Zucker eine Vergütung gewährt wurde: a) für Rohzucker von mindestens
80 % (oder raffinirten Zucker unter 98 %)1 Polarisation 3 Thlr. 4 Sgr., b) für
Candis und Zucker in Broden bis zu 25 Pfund Nettogewicht oder verkleinert
3 Thlr. 25 Sgr. und c) für alle übrigen harten Zucker, sowie für alle weißen,
trockenen Zucker von mindestens 98 % Polarisation 3 Thlr. 18 Sgr.
Die früheren Vorschriften über die Erhebung der Steuer, die Controle, den
Betrieb der Fabriken, die Bestrafung von Defraudationen und Ordnungswidrig-
keiten, das Strafverfahren waren in der Königlichen Verordnung, die Besteuerung
des im Inlande erzeugten Rübenzuckers betreffend, vom 7. August 1846 (Preuß.
Ges.-S. 1846, S. 335) enthalten, welche im ganzen Zollgebiete galt: in Bayern
(Reg.-Bl. 1846, S. 457), in Sachsen (Ges.= und Verordnungsbl. 1846, S. 209),
in Württemberg (Reg.-Bl. 1846, S. 341). Sie galt räumlich so weit wie
das Gesetz vom 26. Juni 1869; ihr § 13 wurde durch das Gesetz vom 2. Mai 1870
(B.-G.-Bl. 1870, S. 311) aufgehoben. Auch die Verordnung vom 7. August 1846
konnte landesgesetzlich nicht abgeändert werden (Art. 35 der Reichsverfassung).
Die Fortschritte der Technik, die es ermöglichten, erheblich weniger als
12½⅛½ Centner Rüben zur Darstellung eines Centners Zuckers zu gebrauchen, ver-
ursachten steigende Exportprämien und dadurch den Rückgang der Einnahme aus
der Zuckersteuer. Zunächst wurden die Steuervergütungssätze bei der Ausfuhr
durch das Gesetz vom 7. Juli 1883 (R.-G.-Bl. 1883, S. 157) herabgesetzt, so-
dann durch das Gesetz vom 1. Juni 1886 (R.-G.-Bl. 1886, S. 181) die Rüben-
steuer erhöht. Das Gesetz vom 9. Juli 1887 (R.-G.-Bl. 1887, S. 308) führte
neben einer Rohmaterialsteuer noch eine Verbrauchssteuer von Zucker ein.
Das Gesetz vom 31. Mai 1891 (R.-G.-Bl. 1891, S. 295) gestaltete die Steuer
zu einer reinen Verbrauchsabgabe unter Vorschreibung des allmählichen Weg-
falls aller Ausfuhrprämien. Däs Gesetz wurde durch die Gesetze vom 9. Juni 1895
(R.-G.-Bl. 1895, S. 255) und 27. Mai 1896 geändert und demgemäß neu redigirt
(R.-G.-Bl. 1896, S. 117)2.
In der Hauptsache ist die Rübenzuckersteuer eine Verbrauchsabgabe von
dem im Zollinlande hergestellten und im Zollinlande zum mensch-
lichen Genusse verwendeten Zucker.
Die Verbrauchsabgabe beträgt 20 Mark von 100 Kilogramm Nettogewicht
(5 2, Abs. 1). Rübensäfte und Abläufe der Zuckerfabrikation find der Zuckersteuer
nicht unterworfen (§ 2, Abs. 2). Der Bundesrath ist ermächtigt, Zuckerabläufe,
Rübensäfte, sowie Mischungen aus solchen, soweit sie nicht in Haushaltungen aus-
schließlich jum eigenen Verbrauch verwendet werden, der Zuckersteuer zum vollen
oder zu einem ermäßigten Satze zu unterstellen (§ 3, Abs. 3). Die Bestimmungen
über Gegenstand und Höhe der hiernach (§ 2, Abs. 3) vom Bundesrath festgesetzten
Zuckersteuer find dem Reichstage sofort (bezw. bei dessen nächstem Zusammentreten)
1 Bundesrathsbeschluß vom 25. Februar 1873
1 Aus ührungsvorf riften des Bundesraths
(Bundesrathsprotokolle 1873, 5 74).
vom 9. Juli 1896 (Reichs-Centralbl. 1896,
S. 231).