8 40. Die Reichs-· Stempelabgaben. 385
Sendungen nur dann befördern oder, falls ihnen die Bestimmung der Waaren in
das Ausland erst während des Transports bekannt wird, weiter befördern, nachdem
ihnen die erforderlichen Anmeldescheine überwiesen sind, und wenn letztere sowohl in
sormeller Hinficht mit den ertheilten Vorschriften als auch ihrem Inhalte nach mit
den Frachtbriefen und Declarationen übereinstimmen (§ 6). Nachdem eine der
Anmeldepflicht unterliegende Sendung am Sitze der Anmeldestelle angekommen oder
dort zur Beförderung aufgegeben ist, hat der Waarenführer ohne Verzug die An-
meldung zu bewirken. Oeffentliche Transportanstalten, Spediteure u. s. w. haben
bei Uebergabe der Anmeldescheine schriftlich zu erklären, daß die Scheine alle der
Anmeldepflicht unterliegenden Waaren umfassen (§ 7). Es können auch Interims-
scheine ausgestellt werden, welche die Massengüter nur nach der Gattung, die Stück-
güter nur nach Zahl und Merkzeichen der Colli, nachweisen und binnen einer Woche
durch den ordnungsmäßigen Anmeldeschein ersetzt werden müssen (§§ 6, 7). Die
Anmeldestellen sind zur Revision der Waaren durch äußere Besichtigung und zur
Prüfung der Richtigkeit der Anmeldescheine befugt (§ 8). Beim Post-, beim
Transit= und beim kleinen Grenzverkehr und bei anderen besonderen Veranlassungen
kann der Bundesrath Erleichterungen bezüglich der Verpflichtung zur Anmeldung,
eintreten lassen (§ 9). Die Anmeldungen dürfen nur für die Zwecke der amtlichen
Statistik benutzt werden (§ 10). Von den schriftlich anzumeldenden Waaren ist
eine in die Reichskasse fließende Gebühr — statistische Gebühr — zu entrichten.
Diese ist kein Entgelt für eine bestimmte Gegenleistung, also im eigentlichen Sinne
keine Gebühr, sondern eine (geringe) indirekte Steuer, welche den Zweck hat, die
Kosten der Aus= und Einfuhrstatistik von den Ex= und Importeuren tragen zu
lassen. Defraudation der statistischen Gebühr als solche ist straflos. Die Gebühr
beträgt für die in demselben Anmeldeschein oder derselben Declaration aufgeführten
Waaren: 1) wenn fsie ganz oder theilweise verpackt sind, für je 500 Kilogramm
5 Pf., 2) wenn sie unverpackt find, für je 1000 Kilogramm 5 Pf., 3) bei Kohlen,
Coaks, Getreide, Salz, Roheisen und anderen im Gesetze oder vom Bundesrathe
bezeichneten Massengütern verpackt oder unverpackt für je 10000 Kilogramm
(1 Tonne) 10 Pf., 4) bei Pferden, Maulthieren, Eseln, Rindvieh, Schweinen für
fünf Stück 5 Pf. (§ 11). Von der statistischen Gebühr sind befreit: 1) die
Waaren, welche a. unter Zollcontrole versendet, b. auf Niederlagen für unverzollte
Gegenstände gebracht, c. nach Entrichtung des Eingangszolls in den freien Verkehr
gesetzt oder d. zum Zwecke der Zurückvergütung oder des Erlasses von Abgaben
unter amtlicher Controle ausgeführt werden; 2) die Waaren, welche auf Grund
direkter Begleitpapiere im freien Verkehr a. durch das deutsche Zollgebiet durch-
geführt oder b) aus demselben durch das Ausland nach dem Zollgebiete befördert
werden; 3) die Postsendungen. Die Befreiung von der statistischen Gebühr nach
Nr. 1 erstreckt sich nicht auf die einer Zollabfertigung unterworfenen gollfreien
Waaren, welche nach vorheriger Versendung unter Zollcontrole bei einem Amt im
Innern in den freien Verkehr gesetzt werden (§ 12). Die Entrichtung der
statistischen Gebühr erfolgt durch Verwendung von Stempelmarken in dem erforder-
lichen Werthbetrage auf dem Anmeldescheine oder dem die Stelle desselben ver-
tretenden Papier vor dessen Uebergabe an die Anmeldestelle. Für die Gebühr
haftet dem Reiche gegenüber Derjenige, welcher zur Zeit, wo die Anmeldung statt-
zufinden hat, Inhaber (natürlicher Besitzer) der Waare ist (§ 13). Zuwiderhand-
lungen gegen die Vorschriften des Gesetzes und der zu dessen Ausführung erlassenen
Vorschriften werden mit einer Ordnungsstrafe bis zu 100 Mk. bestraft. Handel-
und Gewerbetreibende, Eisenbahnverwaltungen, Dampfschiffahrtsgesellschaften u. s. w.
haften für ihr Personal und ihre Angehörigen nach Maßgabe des § 153 des
Vereinszollgesetzes 1. In Betreff der Feststellung, Untersuchung und Entscheidung
der Zuwiderhandlungen, sowie in Betreff der Strafmilderung und des Erlasses der
Strafen im Gnadenwege kommen die Vorschriften zur Anwendung, nach welchen
1 Siehe oben S. 375.
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 25