Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 49. Die Festungen. 503 
27. November und 12. Dezember 1872 zu. Die Disciplinarstrafgewalt des Artillerie- 
officiers vom Platz, sowie des Ingenieurs vom Platz regelt sich nach den betreffenden 
preußischen Vorschriften. Hinsichtlich Ausübung der Gerichtsbarkeit soll das für 
Metz und Straßburg den bayerischen und württembergischen Besatzungstruppen 
gegenüber vereinbarte Verfahren Platz greifen. In gleicher Weise regelt sich auch 
der Gerichtsstand des den deiden Contingenten angehörigen Personals des Festungs- 
stabes. 
Die Verwaltungsangelegenheiten der Friedensbesatzung werden von den 
Territorialstaaten selbstständig besorgt. Zu dem Zwecke haben sich die Regierungen 
von Bayern und Württemberg vorbehalten, unabhängig von dem Festungsstabe für 
jedes Ufer besondere Garnisons-, Verwaltungs-, Proviant= und Lazarethbehörden 
einzusetzen und zu unterhalten, mit welchen der Gouverneur nur insofern in Ver- 
bindung zu treten hat, als es das Interesse der ihm anvertrauten Festung erheischt. 
Die für die Unterbringung der Kriegsbesatzung erforderlichen Kasernements= und 
Lazarethgegenstände, sowie die Approvifionnementsgegenstände werden von den Be- 
satzung gebenden Staaten bereitgehalten bezw. -Sestellt. Die Verwaltung dieser 
Gegenstände ist Sache der betreffenden Contingente; der Gouverneur ist berechtigt 
und verpflichtet, von dem Vorhandensein dieser Gegenstände Ueberzeugung zu 
nehmen. Mit dem Zeitpunkt einer Armirung der Festung geht die Sorge für 
Unterbringung und Unterhaltung der Kriegsbesatzung auf das Reich über. 
Art. VIII: Die gesammten persönlichen und sächlichen Ausgabepofitionen für die 
Festung Ulm beider Ufer, eingeschlossen der festen Dotirungen für Artillerie und 
Fortification, finden in dem preußischen Militäretat des Reichshaushaltsetats in 
der Art Aufnahme, daß der auf Rechnung des bayerischen Militäretats fallende 
Antheil in Abrechnung gebracht und in letzterem entsprechend vorgetragen wird. 
Die Verwaltung der gesammten Etatssumme erfolgt durch Vermittelung der In- 
tendantur des preußischen XIV. Armeecorps seitens des preußischen Kriegs- 
ministeriums. An den sich ergebenden Ersparnissen hat Bayern nach Verhältniß seiner 
Beitragsquote Antheil. 
Da das preußische Kriegsministerium nach der Vereinbarung vom 16. Juni 1874 
die Ausgabenverwaltung hat, da es jedenfalls die prenußische Militärverwaltung 
vertritt, welche de jure et de facto die Festung Ulm verwaltet, da diese Ver- 
waltung für Rechnung des Reichs durch Preußen geführt wird, so ist es nicht der 
Reichskanzler, der die gerichtliche Vertretung der Festung Ulm hat, so wenig wie 
die von Köln oder Posen. Die entgegenstehende Entscheidung des Reichsgerichts 
vom 13. Juni 1882 in den Entscheidungen für Civilsachen (Bd. VIII, S. 1) ist 
hiernach ebenso unrichtig wie sie im Widerspruch steht mit der vom 9. März 1888 
in den Entscheidungen Bd. XX, S. 148 1. Das Reichsgericht verkennt dabei, daß 
das preußische Kriegsministerium zugleich eine oberste Reichsbehörde ist, 
die, soweit es die Militärvermögensverwaltung anlangt, dem Reichskanzler nicht 
unterstellt ist. Ganz besonders verkennt das Reichsgericht aber die Bedeutung des 
Stellvertretungsgesetzes vom 17. März 1878, das nur Bezug hat auf die Stell- 
vertretung in der Gegenzeichnung (Art. 18 der Reichsverfassung), nicht aber auf 
Stellvertretung in vermögensrechtlicher Hinsicht. 
Bezüglich der Beschränkungen des Grundeigenthums in Festungen und in der 
Umgebung von Festungen gilt im ganzen Reichsgebiete? das Gesetz, betreffend die 
Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 
21. Dezember 1871 (R.-G.-Bl. 1871, S. 459). Dieses Gesetz erklärt die Benutzung 
des Grundeigenthums in der nächsten Umgebung der bereits vorhandenen, sowie 
der in Zukunft anzulegenden permanenten Befestigungen denjenigen dauernden Be- 
schränkungen unterworfen, welche es enthält. Behufs näherer Feststellung der Be- 
schränkungen wird die nächste Umgebung der Festungen in Rayons eingetheilt und 
je nach der Entfernung von der äußersten Vertheidigungslinie ab als erster, zweiter, 
  
  
  
1 Siehe auch oben S. 436 und S. 483 f. 2 In Elsaß-Lothringen eingeführt durch Gesetz 
vom 21. Februar 1872 (R.-G.-Bl. 1872, S. 56).
	        
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