608 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
begreift man darunter nicht die Dienst-, Wehr-, Reserve-, Landwehr-, Landsturm-
pflicht u. dgl., sondern nur diejenigen vermögensrechtlichen Verpflichtungen,
welche im Interesse der Militärverwaltung auferlegt find. Dem Auslande gegen-
über, d. h. also im Kriegsfalle und auf dem Kriegsschauplatze, giebt es keine Rechts-
regeln; das Bedürfniß entscheidet dort allein über Art und Höhe der geforderten
Militärlasten. Im Inlande find die Lasten durch die Gesetzgebung begrenzt, und
zwar im Frieden wie im Kriege. Dies bedeutet, daß im Inlande nur so viel
nach Menge und Art von der Militärverwaltung und für die Militärverwaltung
gefordert werden darf, wie dies der Reichsgesetzgeber gestattet:. Wenn auch nach § 1
des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (R.-G.-Bl. 1873,
S. 129) mit dem Mobilmachungstage „die Verpflichtung des Bundesgebiets
zu allen Leistungen für Kriegszwecke“ eintritt, so ist der Schwerpunkt auf die
folgenden Worte „nach den Bestimmungen dieses Gesetzes“ zu legen 2. Damit ist
keineswegs gesagt, daß das Ausland vorkommenden Falls von Requisitionen befreit
bleiben soll. Gesetzliche Auflagen kann man überdies dem Auslande nicht
machen. Die Militärlasten haben vermögensrechtlichen Inhalt, fie finden aber ihre
Begründung im öffentlichen Recht. Die Gesetze enthalten Zwangsnormen; um
privatrechtliche Verträge abzuschließen, hätte es der Gesetze nicht bedurft. Während
nur physische Personen zu dienen brauchen, können vermögensrechtliche Leistungen
auch den juristischen Personen auferlegt werden. Ueber Schiffe, Grundstücke und
Pferde, die sich im Auslande befinden, enthalten die Gesetze nichts, auch wenn fie
Inländern gehören. Daraus folgt nicht mehr und nicht weniger, als daß bei Be-
messung der Militärlasten im Auslande befindliche Gegenstände außer Acht bleiben
und daß, wenn bei einem Kriege im Auslande bezüglich dieser Gegenstände mili-
tärische Auflagen gemacht werden, die inländischen Besitzer sich nicht auf die ihnen
etwa günstigeren Reichsgesetze berufen könnens.
Da das Heer ein einheitliches und ein Reichsheer ist und für Reichsrechnung
geführt wird", so folgt daraus, daß, sofern der Gesetzgeber für Militärlasten Ent-
schädigung gewährt, diese vom Reiche zu gewähren ist. So wenig wie das Reich
ohne Gegenleistung die persönlichen Leistungen hinnimmt und vielmehr in der
Regel Besoldung und Verpflegung gewährt, so wenig verlangt es in der Regel,
daß die vermögensrechtlichen Militärlasten unentgeltlich geleistet werden. Es find
dies Sätze nicht der Logik, sondern des pofitiven Rechts. Nach dieser Richtung
bestimmt § 1 des Gesetzes, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht
während des Friedenszustandes, vom 25. Juni 1868 (B.-G.-Bl. 1868, S. 528),
daß die Fürsorge für die räumliche Unterbringung der bewaffneten Macht während
des Friedenszustandes eine Last des Reiches (Bundes) ist, und daß deren Natural-
leistungen nur gegen Entschädigung gewährt zu werden brauchen. Ebenso schreibt
8 2 des Gesetzes über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (R.-G.-Bl. 1873,
S. 129) vor, daß für diese Leistungen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Vergütung
aus Reichsmitteln zu gewähren ist.
Nach dem pofitiven Willen des Gesetzes sollen die Militärlasten in der Regel.
subsidiäre sein, d. h. nur dann von Privaten erfordert werden, wenn die Militär-
verwaltung das Erforderte nicht aus eigenen Beständen entnehmen oder durch frei-
willigen Vertrag verschaffen kann (§ 2 des Gesetzes vom 13. Juni 1873). Auch
dieser Satz ist nicht die logische Folge eines Obersatzes und hat auch in der Haupt-
sache nur die Bedeutung einer Instruction für die Verwaltungsbehörden. Der
Private, von dem Militärlasten erfordert werden, kann sich nicht darauf berufen,
daß das Erforderte aus den Beständen der Militärverwaltung entnommen oder
durch freiwilligen Vertrag mit Dritten verschafft werden kann. Soweit die Militär-
1 Es ist irrig, anzunehmen, daß nur das 2 Ml die abweichenden Anfichten von La-
Inland Kriegslasten zu tragen habe. Das band, II, S. 728 u. A. m.
Ausland hat solche event. erst recht zu tragen. *# Anderer Ansicht Laband, II, S. 728, der
Nur find sie dem Bundesgebiet gegenüber und meint, daß bei den Militärlasten die „Territorial=
im Bundesgebiet nicht arbiträr, sondern nach hoheit“ zur Geltung komme.
Möglichkeit gesetzlich fixirt. 4 Oben § 45.