Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

6 59. Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten. 673 
welche kraft gesetzlichen Anspruchs lebenslängliche Pension aus der Reichskasse be- 
ziehen. Die Wittwen und ehelichen oder per subsequens legitimirten, nicht aber 
adoptirten Kinder solcher Beamten erhalten Wittwen- und Waisengeld. Geschiedenen 
Frauen steht Wittwengeld nicht zu, wohl aber deren Kindern Waisengeld. Das 
Wittwengeld ist für die Hinterbliebenen der seit April 1897 verstorbenen Beamten 
gleich 40 Procent der Pension, zu welcher er berechtigt war oder berechtigt gewesen 
sein würde, wenn er am Todestage pensionirt wäre. Es soll jedoch mindestens 
216 Mark betragen und für Wittwen der obersten Reichsbeamten (Nr. 1 des Tarifs 
zum Gesetze vom 30. Juni 1873) den Betrag von 3000, für Wittwen der unter II 
des Tarifs bezeichneten Reichsbeamten den Betrag von 2500, im Uebrigen den 
Betrag von 2000 Mark nicht übersteigen. Das Waisengeld beträgt, wenn der 
Vater nach dem 1. April 1897 gestorben ist: 1) für ein Kind, dessen Mutter lebt, 
ein Fünftel des Wittwengeldes, 2) für jedes Kind, dessen leibliche Mutter nicht 
mehr lebt oder kein Wittwengeld bezieht, ein Drittel des Wittwengeldes 1. Wittwen- 
und Waisengeld dürfen weder einzeln noch zusammen den Betrag der Penfion über- 
steigen, zu welcher der Verstorbene berechtigt gewesen ist oder berechtigt gewesen 
sein würde, wenn er am Todestage in den Ruhestand versetzt wäre. Bei Anwendung 
dieser Vorschrift werden das Wittwen= und das Waisengeld verhältnißmäßig gekürzt 
(§ 10 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichs- 
beamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881, R.-G.-Bl. 1881, S. 85). Bei 
dem Ausscheiden eines Wittwen= oder Waisengeldberechtigten erhöht sich das Wittwen- 
oder Waisengeld der verbleibenden Berechtigten von dem nächstfolgenden Monat an 
insoweit, als fie sich noch nicht im (und bis sie sich in dem) vollen Genuß der ihnen 
gebührenden Beträge befinden (§ 11 das.). War die Wittwe mehr als 15 Jahre 
jünger als der Verstorbene, so wird das Wittwengeld für jedes angefangene Jahr 
des Altersunterschiedes über 15 Jahre bis einschließlich 25 Jahre um ein Zwan- 
zigstel gekürzt (§ 12 das.). Nach fünfjähriger Ehe wird für jedes angefangene 
Jahr ihrer weiteren Dauer ein Zwanzigstel des Wittwengeldes so lange zugesetzt, 
bis der volle Betrag erreicht ist (Gesetz wegen anderweiter Bemessung der Wittwen- 
und Waisengelder vom 17. Mai 1897, R.G. Bl. 1897, S. 455). Hat eine Ehe volle 
14 Jahre gedauert, so erhält die Wittwe danach stets das volle Wittwengeld. Das 
Waisengeld wird wegen Altersunterschiedes in der Ehe nicht gekürzt. Keinen An- 
spruch haben die Hinterbliebenen aus einer Ehe, welche erst nach der Versetzung in 
den Ruhestand geschlossen ist (§ 13, Abs. 2 des Gesetzes vom 20. April 1881). 
Die Wittwe hat keinen Anspruch auf Wittwengeld, wenn die Ehe innerhalb dreier 
Monate vor dem Ableben des Ehemannes und zu dem Zuwecke geschlossen wurde, 
um der Wittwe den Bezug des Wittwengeldes zu verschaffen (§ 13, Abs. 1 eben- 
dort). Stirbt ein Beamter, welchem, wenn er am Todestage in den Ruhestand 
versetzt wäre, auf Grund des § 39 des Reichsbeamtengesetzes" eine Pension hätte 
bewilligt werden können, so kann seiner Wittwe und seinen Waisen Wittwen= und 
Waisengeld durch den Reichskanzler bewilligt werden (§ 14, Abs. 1 ebendort). 
Stirbt ein Beamter, welchem nach §§ 50 und 52 des Reichsbeamtengesetzes im 
Falle seiner Versetzung in den Ruhestand die Anrechnung gewisser Zeiten auf die 
Dienstzeit hätte bewilligt werden können, so ist der Reichskanzler befugt, eine solche 
Anrechnung auch bei Festsetzung des Wittwen= und Waisengeldes zuzulassen (§ 14, 
Abs. 2 daselbst). Die Zahlung des Wittwen= und Waisengeldes beginnt mit dem 
Ablauf des Gnadenquartals und des Gnadenmonats (§ 15). Das Wittwen= und 
Waisengeld wird monatlich gezahlt; an wen, bestimmt die oberste oder die von 
dieser dazu ermächtigte obere Reichsbehörde. Nicht abgehobene Theilbeträge des 
Wittwen= und Waisengeldes verjähren binnen vier Jahren, vom Tage ihrer Fällig- 
keit an gerechnet, zum Vortheil der Reichskasse (§ 16). Das Wittwen= und Waisen- 
geld kann mit rechtlicher Wirkung weder abgetreten noch verpfändet oder sonst 
  
  
1 Das höhere Waisengeld ist auch in dem und Erziehung hat (Just.-Minist.-Bl. 1886, 
Falle zu gewähren, wenn eine zum Empfange S. 122). 
von Wittwengeld berechtigte Schwiegermutter 2 Oben S. 669. 
vorhanden sein sollte, welche die Kinder in Pflege 2 Oben S. 671. 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Neiches. 43
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.