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bestimmungen und Beschränkungen, so in Bezug
auf Betrieb von bürgerlichen Gewerben und von
Nebenbeschäftigungen, ferner über Geschenkan-
nahme mit Beziehung auf das Amt oder von aus-
wärtigen Regierungen, Vorschriften in Bezug auf
Eheschließung u. dgl. Eine vorübergehende Be-
freiung von seinen Dienstobliegenheiten erlangt
der Beamte durch Urlaubsbewilligung.
Bloße Anzeige an die vorgesetzte Behörde genügt
bei legitimer Verhinderung durch Erfüllung einer
staatsbürgerlichen Pflicht (Ablegung von Zeugnis,
Schöffen= und Geschworenendienst, Militärpflicht),
bei Krankheit, meist auch bei Eintritt ins Parla-
ment. Die Amtsverschwiegenheit besteht
in der Verpflichtung, das, was amtlich zur Kennt-
nis des Beamten gelangt ist und zu den Amts-
geheimnissen gehört, keinem Dritten, der es zu
wissen nicht berechtigt ist, mitzuteilen, auch nicht
öffentlich bekannt zu machen. Gegenüber Beamten
im Dienst des Auswärtigen Amts des Deutschen
Reichs hat das deutsche Strafgesetzbuch die Ver-
letzung des Amtsgeheimnisses für kriminell strafbar
erklärt (§ 358 a, „Arnimparagraph“), während
sonstigen Beamten gegenüber nur Disziplinarstrafe
eintritt, wenn nicht durch Verletzung der Amtsver-
schwiegenheit eine anderweitige strafbare Handlung,
z. B. Landesverrat, gegeben ist. Einer Erklärung
bedarf auch die Pflicht des Beamten zu „intelli-
gentem" Gehorsam. Der Beisatz rechtfertigt
sich durch den Umstand, daß es für den Beamten
im einzelnen oft schwierig ist, die zu erfüllende
Pflicht zu erkennen. Ein solcher Fall tritt ein,
wenn er zwischen den Befehlen der Vorgesetzten
und der Verfassung oder den Gesetzen, die er
beobachten soll, einen Widerspruch zu erkennen
glaubt. Es versteht sich von selbst, daß der Be-
amte nicht angehalten werden kann, etwas zu voll-
bringen, was den Geboten der Religion und der
Sittlichkeit zuwiderläuft oder was durch die be-
bestehenden Gesetze mit Strafe bedroht ist. In
Bezug auf den Widerspruch von Verfassung und
Befehl eines Vorgesetzten hatte der Absolutismus
eine leichte Position. Für ihn gab es einen solchen
Konflikt nicht, daher hielt man sich damals
(3. B. Goenner) an die Theorie vom unbedingten
Gehorsam. Anders liegt die Sache seit Einfüh-
rung konstitutioneller Verfassungen; da ist die
Möcglichkeit vorhanden, daß die Verfügungen der
vorgesetzten Behörde mit der Verfassung und den
Gesetzen in Widerspruch treten. Der Richter aller-
dings wendet lediglich das bestehende Recht an;
allein das Wesen des Verwaltungsdienstes fordert
Unterordnung der niederen Beamten unter die
Befehle der höheren. Man behilft sich damit, dem
Beamten das Prüfungsrecht über die formelle
Rechtmäßigkeit einzuräumen, ob nämlich die ihm
erteilten Weisungen in vorschriftsmäßiger Form
Amtsgeschäfte befehlen, zu denen der Beamte die
Zuständigkeit besitzt. Als unzweifelhaft ver-
fassungs= und gesetzwidrig gelten also: 1) Ver-
fügungen, die außerhalb der Kompetenz der vor-
Amt, Beamte,
Staatsdiener. 202
gesetzten Behörde liegen, 2) Aufträge zu Hand-
lungen, für die der Beamte nicht zuständig ist,
3) wo die gesetzlich vorgeschriebenen Formen fehlen,
4) Verfügungen, die dem klaren Wortlaut eines
Gesetzes widersprechen. Hie und da ist dem Be-
amten die Befugnis eingeräumt, sein Bedenken
bei der vorgesetzten Behörde geltend zu machen
(Remonstration). Trotzdem sind Fälle denkbar,
wo das Gewissen dem christlichen Beamten zur
Pflicht macht, einem ungerechten Befehl sogar Ver-
weigerung, eventuell Abdankung entgegenzusetzen.
Sie werden (man denke an die ersten christlichen
Jahrhunderte) um so häufiger vorkommen, je mehr
Gesetz und Obrigkeit und christliche Anschauung
divergieren. Bei rein politischen, gegen kein
allgemeines Strafgesetz verstoßenden Rechtsver-
letzungen ist der Beamte durch einen ihn dazu
anweisenden Befehl gegen persönliche Verant-
wortlichkeit gedeckt. Die Tatsache, daß der Beamte
in einem näheren Verhältnis zum Inhaber der
Staatsgewalt steht als die Untertanen schlechthin,
gibt den meisten Staatsrechtslehrern (z. B. Zöpfl,
Bluntschli, Gerber, Schulze-Gävernitz, Laband)
mit Recht Veranlassung, eine besondere Pflicht der
Treue zu statuieren. Andere (so Meyer) halten
diese Ansicht für irrig: da der Beamte aktives
und passives Wahlrecht habe, brauche er sich nicht
jeder politischen Tätigkeit gegen die jeweilige Re-
gierung zu enthalten, dürfe seine individuelle Über-
zeugung zum Ausdruck bringen. Allerdings ist
seit dem Aufkommen der Parteibewegungen die
Stellung des Beamten eine schwierige; allein dies
darf nicht abhalten, spezielle Ergebenheit, Anhäng-
lichkeit, Ehrerbietung, mit einem Wort Treue des
Beamten gegen seinen Monarchen nicht nur als
Anstandssache, sondern als Pflicht aufzufassen. Es
entspricht dies gewiß auch dem christlichen Gefühl
besser, als wenn man den Beamten dem Staats-
oberhaupt rein geschäftlich gegenüberstellt. Traurig
genug, daß der alte männliche, alle Instruktionen
und Paragraphen weit hinter sich lassende ger-
manische Treuebegriff zu einer so verschämten,
schwächlichen Amtspflicht abmagerte. Die Rechts-
folgen der Pflichtverletzung des Beamten
können dreifacher Art sein. 1) Es kann disziplinäre
Bestrafung eintreten, wenn nur die Ordnung des
Staatsdienstes verletzt wird. Auch die Disziplinar-
strasen sollen nur auf Grund eines förmlichen
Disziplinarverfahrens erfolgen. 2) Kriminelle Be-
strafung tritt ein, wenn Amtsverbrechen vorliegen.
Sie sind entweder eigentliche Amtsdelikte, wenn sie
überhaupt nur ein Beamter begehen kann, oder un-
eigentliche, wenn bei Verübung einzelner Vergehen
oder Verbrechen noch Mißbrauch des Vertrauens
oder der Amtsgewalt hinzukommt, dessen sich der
betreffende Beamte schuldig macht. 3) Ist durch
die Pflichtverletzung des Beamten dem Staat oder
einer dritten Person ein Vermögensschaden ver-
ursacht worden, so kann privatrechtliche Haftbar-
keit eintreten. Nicht für jeden Mißgriff haftet der
Beamte, insbesondere nicht für die Folgen eines