Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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halten das Vereinszollgesetz vom 1. Juni 1869 
§160, das Bundes-Salzsteuergesetz vom 12. Okt. 
1867 § 17, das Branntweinsteuergesetz vom 
17. Juni 1895 8.27, das Reichs-Brausteuergesetz 
vom 31. Mai 1872 8 36. Nr 1, das Reichs- 
Militärstrafgesetzbuch § 147. 
3. Die Amtsunterschlagung (St.G.B. 
für das Deutsche Reich § 350), d. h. die Unter- 
schlagung von Geldern oder andern Sachen, 
welche der Beamte in amtlicher Eigenschaft emp- 
fangen oder in Gewahrsam hat. Dieselbe unter- 
scheidet sich von der Unterschlagung als gemeinem 
Vergehen lediglich durch die Besitzerlangung des 
Geldes, welche in amtlicher Eigenschaft geschehen 
sein muß, sowie durch die Person des Täters, 
welche nur ein inländischer Beamter sein kann. 
Ein dritter Teilnehmer ist wegen Teilnahme an 
einer Unterschlagung zu bestrafen. Die Amts- 
unterschlagung kann eine einfache oder eine quali- 
fizierte sein. Hat nämlich der Beamte in Bezie- 
hung auf eine beabsichtigte oder begangene Amts- 
unterschlagung die zur Eintragung oder Kontrolle 
der Einnahmen oder Ausgaben bestimmten Rech- 
nungen, Register oder Bücher unrichtig geführt, 
verfälscht oder unterdrückt, oder unrichtige Angaben 
oder Auszüge aus diesen Rechnungen, Registern 
oder Büchern oder unrichtige Belege zu denselben 
vorgelegt, oder ist in Beziehung auf die Unterschla- 
gung auf Fässern, Beuteln oder Paketen der Geld- 
inhalt fälschlich bezeichnet, so ist, während bei der 
einfachen Amtsunterschlagung auf Gefängnis von 
drei Monaten bis zu fünf Jahren erkannt werden 
kann, bei der so qualifizierten Amtsunterschlagung 
auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. 
Vollendet ist die Amtsunterschlagung mit der Zu- 
eignung der Gelder oder Sachen; auf den Zeit- 
punkt des wirklichen Verbrauchs der Sachen oder 
Gelder kommt es nicht an. Die Absicht der Er- 
stattung, verbunden mit der wohlbegründeten Vor- 
aussetzung der Fähigkeit dazu, welche bei der 
gemeinen Unterschlagung den Täter schuldlos 
macht, kann den Beamten nicht entschuldigen. 
Doch ist deshalb noch nicht jeder Gebrauch amt- 
licher Gelder auch Unterschlagung, zumal den Be- 
amten häufig durch Instruktionen die Umwechslung 
vorgeschrieben ist. Liegen die Mittel zur Deckung 
nicht nur zur Zeit bereit, wann die Darlegung der 
Kasse oder des sonst zur Verwendung zu bestimmten 
Zwecken gegebenen Geldes von den Beamten ge- 
fordert wird, sondern auch zur Zeit der Zueignung, 
dann kann die Absicht rechtswidriger Zueignung 
nicht unbedingt angenommen werden, es wird dann 
regelmäßig keine Unterschlagung sondern nur ein 
disziplinarisch zu rügendes Dienstvergehen vor- 
liegen. Der Versuch der Amtsunterschlagung ist 
strafbar. Objekt des Vergehens ist die Vermögens- 
beschädigung. Subjekt kann jeder Beamte sein, 
mag er zur Empfangnahme von Geldern und 
Sachen objektiv vermöge seines Amts befugt sein 
oder nicht, wenn nur letzterenfalls der nicht legiti- 
mierte Beamte sich bewußt war, daß die Zahlung 
Amtsverbrechen und Amtsvergehen. 
  
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an ihn in der irrigen Voraussetzung seiner Be- 
rechtigung zur Empfangnahme geschah. Auf seiten 
des Zahlenden ist der Glaube erforderlich, daß er 
an einen legitimierten Beamten zahle. Fehlt dieser 
Glaube, so kommt es auf die Beamtenqualität des 
Empfängers an sich nicht an, weil der Zahlende 
mit ihm dann amtlich nicht verkehrt hat. Handelt 
es sich bloß um einen bei Gelegenheit der Amts- 
ausübung erteilten Pribatauftrag, so liegt nur 
einfache Unterschlagung vor. Bei der qualifizierten 
Amtsunterschlagung wird vorausgesetzt, daß der 
Beamte die Verwaltung von Geldern usw. wirk- 
lich hat und daß er zu deren Kontrolle Bücher, 
Register usw. führen muß. Daß er die fraglichen 
Manipulationen selbst ausführt, ist nicht erfordert, 
es genügt, wenn der unterschlagende Beamte die 
falsche Bezeichnung zur Ausführung oder Ver- 
deckung der Unterschlagung benutzt hat. Die Zu- 
eignung der Sachen und Gelder kann auf die 
mannigfachste Weise erfolgen, sie muß rechtswidrig 
und mit dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit 
und einer möglichen Schadenszufügung geschehen. 
Bei der gqualifizierten Amtsunterschlagung muß 
die Fälschung der Register usw., die Vorlegung 
der unrichtigen Abschlüsse, die falsche Geldinhalts- 
angabe auf den Verpackungen mit Beziehung auf 
die geschehene oder bevorstehende Unterschlagung 
verübt werden. Die Qualifikation findet auch auf 
die versuchte Amtsunterschlagung Anwendung. Die 
gefälschten oder unterdrückten Schriftstücke selbst 
brauchen nicht den Charakter einer Urkunde an 
sich zu tragen. Wenn ein Beamter pflichtwidrig 
Einnahmen nicht erhebt und hierfür von dem Ver- 
pflichtenden Vorteile annimmt, so liegt Bestechung, 
aber nicht Unterschlagung vor. 
4. Die Ubervorteilung (St.G.B. 88§ 352 
353). Ein Beamter, Advokat, Anwalt oder son- 
stiger Rechtsbeistand, der Gebühren oder andere 
Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu seinem 
Vorteil zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren 
oder Vergütungen erhebt, von denen er weiß, daß 
der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in ge- 
ringerem Betrag schuldet, mit Geldstrafe bis zu 
300 M oder Gefängnis bis zu einem Jahr; 
ein Beamter, der Steuern, Gebühren oder 
andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu 
erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen 
er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder 
nur in geringerem Betrag schuldet, erhebt und 
das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Teil 
nicht zur Kasse bringt; ein Beamter, der bei 
amtlichen Ausgaben an Geld oder Naturalien 
dem Empfänger vorsätzlich oder rechtswidrig Ab- 
züge macht und die Ausgaben als vollständig 
geleistet in Rechnung stellt: mit Gefängnis von 
drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Ver- 
such ist strafbar, auch kann neben der Gefängnis- 
strafe auf zeitweiligen Verlust der Fähigkeit zur 
Bekleidung öffentlicher Amter erkannt werden. Zum 
Tatbestand gehört als Subjekt ein Beamter, 
welchem im Fall des § 352 die Rechtsanwälte,
	        
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